Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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frühneuzeitliche Gesetzesverfasser nur sexuell aktive Männer, <strong>die</strong> weitgehend passive<br />
und hierarchisch untergeordnete »Knaben« sodomisierten, als »Knabenschänder«<br />
denkbar, wobei unter Knaben nicht ausschließlich Kinder, sondern auch<br />
unverheiratete junge und standesmäßig niedriger stehende Männer verstanden<br />
wurden. Gleichgeschlechtliche Praktiken zwischen sozial, alters- und standesmäßig<br />
gleichgestellten Männern waren weder in den Sodomiekonzeptionen der<br />
Ferdinandea und der Leopoldina noch der Theresiana enthalten. Sexuelle<br />
Beziehungen zwischen Frauen waren in der zeitgenössischen strafrechtlichen<br />
Literatur ein Randthema. Auch in der historischen Forschung stießen sie auf deutlich<br />
geringeres Interesse als sexuelle Beziehungen zwischen Männern (vgl.<br />
Steidele 2004). Obwohl gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen Männern in<br />
spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen europäischen Städten mittlerweile gut<br />
untersucht sind (vgl. Michelsen 2003:14-23; Puff 2003), fehlt es (noch) weitgehend<br />
an empirischen Belegen und Untersuchungen zur Verfolgung gleichgeschlechtlicher<br />
Sodomie im ländlichen Raum.<br />
3.3.1. Der Prozess gegen Vincenz Wötzenbacher, Gaming 1742<br />
In dem von mir untersuchten Quellenkorpus wird ein einziges Mal eine Anklage<br />
wegen gleichgeschlechtlicher Praktiken erhoben. Die Anschuldigung kommt im<br />
summarischen Verhör mit dem wegen Hehlerei vor dem Gaminger Landgericht<br />
stehenden Vincenz Wötzenbacher zur Sprache (vgl. auch Scheutz 2001:86 Anm.<br />
118). Laut dem einzig erhaltenen Schriftstück, einer summarisch protokollierten<br />
Aussage vom 26. Februar 1742, habe Vincenz Wötzenbacher mehrere gleichgeschlechtliche<br />
Beziehungen gestanden:<br />
»[Es] seye wahr, das Inq[uisi]t gleich in Salzburger: Landt, dann herunten mit denen<br />
Jungen Mannsbildern aus teufflischer Begierd sich einige mahlen an vordern Leib versündiget,<br />
und seinen Saamen verschüttet, alß umb Peydorff negst Salzburgerlandt mit des<br />
trogerbauern=Sohn Johann, einen Burschen von 17: oder 18: Jahren, 3mahlen in Böth,<br />
Jacob Tafferner 2mahl, so bey ihme Knecht gewesen, Joseph Meissnizern, alß diser noch<br />
leedig, einige mahlen, Jacob Strolz, so ihme aber nit gehalten, sondern entwichen,<br />
Leztlich mit seinen Kellner Philipp Wippl, vulgo Weissl, welcher des öfftern bey ihme in<br />
seinem Böth gelegen, dises blosser auf ihme verübet, und habe Inq[uisi]t nicht geglaubt,<br />
das es vor eine sünd aufgerechnet wurde, und seye nur darumben beschehen, damit er mit<br />
andern Weibsbildern wegen überhäufften Saamen nicht zuehalten derffe«. 201<br />
Der 50-jährige ehemalige Bauer, zum Zeitpunkt seiner Verhaftung in der Nähe<br />
von Gaming als Wirt und Sauschneider (Schweinekastrator) 202 tätige Vincenz<br />
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