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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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»währe ihme inquisito zwahr beygefallen, daß abscheulichste Laster mit der Khue zubegehen,<br />

allein er seye jedoch theils auch durch sein Entzwischen kommenes Eheweib von<br />

Verüebung diser Vichischen Unthat solcher gestalten zeitl[ich] abghalten worden, d[a]s<br />

er vermög seines Examinis ad Actum /: wie es <strong>die</strong> Criminalisten zunambsen Pflegen :/<br />

weder proximum noch remotum kommen, weniger d[a]ß zuegemuethe delictum contra<br />

naturam begangen hette«.<br />

Der rechtlichen Meinung, dass Georg Doppelhammer aus dem Arrest entlassen<br />

werden solle, sei er auch deshalb, weil der Rechtsgelehrte Julius Clarus (1525-<br />

1575) empfehle, den conatus nicht zu strafen. Zwar habe Jacob Menochius (1532-<br />

1607) dagegengehalten, »Daß in delictis atrocissimus /: Unter welche ohne Zweiffl<br />

d[a]s crimen Bestialitatis zu zellen ist :/ derley conatus auf d[a]s schörffste zubestraffen<br />

währe«, doch sey aus »denen actis zuerkhenen, wie Er doppelhammer ad<br />

actum proximum nicht khommen seye«. Jegliche Mutmaßung, dass Georg<br />

Doppelhammer vielleicht doch Sodomie begangen habe, sei durch <strong>die</strong> Aussagen<br />

Eva Doppelhammerins hinreichend <strong>wider</strong>legt, weshalb Georg Doppelhammer »auf<br />

freyen fuess seinen haus werken nachzugehen gestellet werden solle«. 304<br />

Wie verlief <strong>die</strong> Argumentation im Rechtsgutachten des Prozesses gegen<br />

Christoph Materi, der 1756 vom Vorwurf der Sodomie freigesprochen worden<br />

war? Nachdem der Schmiedgeselle Christoph Materi, der laut einem Gerücht<br />

Sodomie mit einer Kuh »getrieben« habe, vom Perchtoldsdorfer Landgericht<br />

mehrfach verhört worden war, und zudem unzählige ZeugInnenaussagen eingeholt<br />

worden waren, wurde der Jurist Dr. Johann Leopold von Freyenberg als Rechtsgutachter<br />

konsultiert. Nach Durchsicht der Akten kam <strong>die</strong>ser zu dem Schluss, dass<br />

<strong>die</strong> Aussagen des Inquisiten deshalb der Wahrheit entsprechen müssten, weil er in<br />

allen Verhören darauf beharrte. Außerdem habe<br />

»niemand aussagen können, daß der Inquisit gesehen worden wäre, das zu gemuthete<br />

Laster mit der Khue zu begehen, je es seyend sogar keine Indicia hervorgebrochen, welche<br />

den Inquisiten so beschwähret hätten, demselben zur scharfen Frag zu ziehen [...]«.<br />

Manche hätten »nur von hören sagen etwas geredet«, alle dagegen bestätigt, dass<br />

der »Inquisit sich sonst wohl aufgeführet« habe. Wenn also jemand zu bestrafen<br />

sei, dann nicht Christoph Materi, sondern Anna Maria Schüsterlin, <strong>die</strong> in ihrer<br />

Aussage gestanden habe, »daß sie Deponentin lediglich aus zorn ihme Christoph<br />

Materi den vorwurf gethan«, dass er Gemeindestier werden solle, weil er mit den<br />

Kühen »so gut umgehen« könne. 305<br />

Die mangelnde Glaubwürdigkeit des Zeugen wurde in einem ausführlichen,<br />

juristisch informierten Bericht des Landgerichts Schiltern an <strong>die</strong> Niederöster-<br />

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