Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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Nach dem Geständnis, dass er es als Jugendlicher mit einer Henne getrieben<br />
habe, <strong>die</strong> ihm von seiner Mutter ins Bett gesetzt worden sei, um sie durch <strong>die</strong><br />
Wärme zum Eierlegen zu animieren, werden im Protokoll weitere sodomitische<br />
Praktiken aufgelistet. Er habe mit einem roten Kalb im Stall seines Vaters, einem<br />
anderen roten Kalb im Stall seiner Schwester, einem am Rücken schwarzgefärbten<br />
Kalb eines Nachbarn seiner Eltern und einem weißen Schaf, ebenfalls dem<br />
Nachbarn gehörig, »zu tun« gehabt. Die Liste der sodomitischen Untaten wird<br />
durch zwei kleinere Diebstähle unterbrochen. Dieser Bruch scheint nicht ganz<br />
zufällig, denn <strong>die</strong> nachfolgend geschilderten »<strong>wider</strong>natürlichen <strong>Unkeusch</strong>heiten«<br />
tragen den besonderen Makel, dass sie während des Ehestands von Abraham<br />
Pichler geschahen: »[...] vor zway Jarn, weill Er sein Eheliches Weib hab,<br />
dahaimbt zu Retl, mit ainer seiner Reverendo aigenthumblichen liechtschegkheten<br />
Khue, <strong>wider</strong> <strong>die</strong> Menschlich <strong>Natur</strong> gehandlt, Es sey aber <strong>die</strong>selbig Khue nit mer<br />
verhandten«. Darauf folgten <strong>die</strong> Schilderungen seiner sodomitischen Handlungen<br />
mit seiner »Praun Plassete[n] Stueden«, <strong>die</strong> er anschließend nach Bayern verkaufte,<br />
»sein[er] aigne[n] Khue, so schwarz Rügkhet«, <strong>die</strong> er »dahaimb im stall laider<br />
anganngen, und solches hernach <strong>wider</strong>umben durch Eingebung des bösen feindts<br />
Thuen wellen« und schließlich noch »ain[em] Praun[en] schoff, so sein aigen<br />
gewest, [...] wellches Schoff dann hinach in dem herbst umbgestanden«.<br />
Der mit Sodomieprozessen bereits erfahrene Landgerichtsverwalter Wolf Nidermaier<br />
bat Mitte Jänner den neuen obderennsischen Bannrichter Wolf Schradt, ihm<br />
den Scharfrichter nach Wartenburg zu schicken. Abraham Pichler sollte offensichtlich<br />
peinlich verhört werden. Doch Wolf Schradt vertröstete Wolf Nidermaier auf<br />
einen späteren als den von ihm »begerten« Tag, weil der Scharfrichter gerade<br />
»abgeschryben« sei, d.h. vermutlich bei einem anderen Landgericht seine Dienste<br />
verrichtete. 102<br />
Am 30. Jänner sandte Wolf Nidermaier ein Amtshilfegesuch an Christoph Hültl,<br />
den Verwalter der kaiserlichen Herrschaft Orth im Traunsee. Nidermaier berichtet<br />
vom Geständnis Abraham Pichlers, dass er »mit seiner Stieftochter Madl Pluetschandt<br />
getriben« habe. Die heimlich vom Pichlergut weggelaufene Magdalena<br />
solle sich bei ihrem Bruder Sebastian Schuester im Dorf Pystorf aufhalten, welches<br />
zur Orther Landgerichtsobrigkeit gehöre. Wolf Nidermaier bat seinen Amtskollegen,<br />
dass seine Gerichtsleute Magdalena »bey Tag oder Nacht, Inner oder ausser<br />
des Hauß« ergreifen und dem Amtmann »auf der Cordin des Warttenburgischen<br />
Landtgerichts« übergeben sollen. 103 Christoph Hültl antwortete ablehnend. Eine<br />
Auslieferung von einem Landgericht an das andere sei in malefizischen Angelegenheiten<br />
nicht üblich. Er bat Wolf Nidermaier stattdessen, ihm Abschriften der<br />
gütigen und peinlichen Aussagen von Abraham Pichler zukommen zu lassen. 104<br />
Wolf Nidermaier entgegnete seinem Kollegen etwas beleidigt, dass »in dergleichen<br />
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