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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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Zeitgenossen, <strong>die</strong> Landgerichtsrechnung, gibt nur knappe Informationen. Michael<br />

Hecher wird darin als »Mörter« bezeichnet. Dass <strong>die</strong> anderen Straftaten unerwähnt<br />

bleiben, lässt sich dahingehend interpretieren, dass <strong>die</strong> Strafe des Radbrechens typischerweise<br />

an Mördern verhängt wurde und sich der Rechnungsschreiber kurz fassen<br />

wollte, deshalb auch <strong>die</strong> anderen Anklagepunkte nicht notierte. Strnadt bezog<br />

seine Information aus einem nicht näher beschriebenen »Malefikanten Verzeichnis«<br />

des Landgerichts Spital. In <strong>die</strong>sem Buch, das vermutlich verloren gegangen ist,<br />

wurden neben dem Namen des Inquisiten, seiner Verurteilung und der Jahreszahl<br />

auch <strong>die</strong> ihm vorgeworfenen Straftaten aufgelistet, <strong>die</strong> wahrscheinlich aus dem<br />

Urteil destilliert worden waren. Hans Krawariks Darstellung richtet sich an ein breiteres<br />

Publikum. Sie speist sich aus nicht näher benannten Quellen, was aber den<br />

Effekt der dramatischen Diebes-und-Mörder-Geschichte nicht mindert.<br />

Eine Zeugenaussage, drei Verhöre und <strong>die</strong> Auflistung der banngerichtlichen<br />

Kosten berichten über den Prozess gegen Wolf Gösweiner im Jahr 1660. Philipp<br />

Mäßner, ein Inwohner, wurde am 3. Mai 1660 vom Spitaler Hofrichter verhört. Er<br />

war in einen unerlaubten Eisenhandel verwickelt gewesen, dessen Organisation er<br />

vor Gericht dem Knecht Wolf Gösweiner zuschrieb. 133 Kurz darauf wurde besagter<br />

Wolf Gösweiner verhaftet. Wer ihn verhörte, geht aus den Aufzeichnungen nicht<br />

hervor. Wolf Gösweiner war, wie seiner Aussage zu entnehmen ist, 36 Jahre alt und<br />

verheiratet. Er hatte zwei Kinder und war ehemals Bauer gewesen. Er berichtete von<br />

Wein-, Getreide- und Eisen<strong>die</strong>bstählen, <strong>die</strong> er in verschiedenen Dienstverhältnissen<br />

begangen habe. Auf <strong>die</strong> Idee, dass er sich im Weinkeller seines Dienstgebers selbst<br />

be<strong>die</strong>nen könne, sei er gekommen, als ihm eine Magd eines Abends einen Becher<br />

Wein ans Bett gebracht habe. Dieselbe habe ihm später <strong>die</strong> Schlüssel zum<br />

Weinkeller gegeben und er habe zweimal »bey 4 Khandl« Wein aus dem Keller<br />

geholt. Beim selben Dienstgeber habe er auch Eisen gestohlen. Der Grund für seine<br />

Entlassung sei gewesen, »d[a]s Er in abwesen[heit] seines Herrn in Kheller gangen,<br />

und mit den Menschern gezecht« habe. Um den Wein<strong>die</strong>bstahl zu vertuschen, hätten<br />

sie <strong>die</strong> Fässer »<strong>wider</strong>umben mit Preßmost angefüllt«. Der Schaden muss groß<br />

gewesen sein, denn Wolf Gösweiner war als Hauptverantwortlicher für <strong>die</strong>ses<br />

Kellergelage zu einer Geldstrafe von drei Gulden und zur Einbehaltung seines<br />

Lidlohns in der Höhe von etwa vier Gulden verurteilt worden. Danach habe er in<br />

anderen Diensten Getreide und Eisen gestohlen und weiter verkauft. Das Verhör<br />

endet mit der Bekundung von Reue und dem Versprechen der Besserung: »[...] sey<br />

Ime umb dises herzlich laidt, dan weil er Weib und 2 Khinder hab in Zu Zeiten auch<br />

<strong>die</strong> noth hierzue getriben, sein Weib dhiene bei dem Hern Pfarr[er] in d[er] Grienau,<br />

befilcht sich hirüber Gott und der Obrigkhait, da Ime d[a]s leben sollte gefrist bleiben,<br />

wolts sein leben lang nichts mehr entfremden [...]«. 134 Auch das zweite Verhör,<br />

das am 12. Mai stattfand, zählt ausschließlich Diebstähle auf: Wein, Geld, Getreide,<br />

139

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