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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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3.5.4. Sodomie und »Selbstjustiz«<br />

In vielen Sodomieprozessen wurden sexuelle Praktiken verhandelt, <strong>die</strong> Jahre,<br />

manchmal auch Jahrzehnte zurücklagen. Sodomie, besonders <strong>die</strong> sexuelle Vermischung<br />

von Mensch und Tier wurde, soviel lässt sich aufgrund von ZeugInnenaussagen<br />

sagen, von weiten Teilen der Bevölkerung als »abscheuliche Sünde«<br />

bewertet. Diese grundsätzlich negative Einschätzung lässt sich auch teilweise aus<br />

den »Geständnissen« der als Sodomiten verurteilten Männer herauslesen. Das religiös<br />

verbreitete Wissen um <strong>die</strong> Sündhaftigkeit der Sodomie, möglicherweise auch<br />

<strong>die</strong> Kenntnis der drohenden Strafe des Verbrennens könnten einige Menschen dazu<br />

bewogen haben, von einer Denunziation abzusehen.<br />

Wie der Fall von Georg Doppelhammer sichtbar machte, wurde <strong>die</strong> Beobachtung<br />

des »unkeuschen <strong>wider</strong>natürlichen Werks« nicht immer unmittelbar angezeigt.<br />

Auch Georg Weber wurde erst Monate, nachdem er eine Kuh »angegangen« hatte,<br />

im Juli 1719 vor Gericht gestellt. Er war von seiner Kusine Katharina Wenigwögerin<br />

im Spätsommer des Vorjahres dabei erwischt worden, wie »er auf dem<br />

Melchstuell gestanden, und gleich einem S[alva] V[enia]. Stüer, an der S[alva]<br />

V[enia] Khue sein sach verrichtet« habe. 256 Katharina stellte ihn zur Rede, schimpfte<br />

und drohte, sagte aber vorerst niemandem außer seiner Mutter und seiner<br />

Schwester Bescheid. Als Katharina Wenigwögerin ihren Kusin wenige Wochen<br />

später bei zwei neuerlichen Sodomieversuchen erwischte, platzte der 20-Jährigen<br />

der Kragen. Zwar habe Georg Weber noch vor ihr flüchten wollen, doch sei »sye<br />

ihme nachgefolget, und mit der faust über 20 straich gegeben, und verwisen, daß<br />

er nicht nachlasse, sye es auch nicht mehr verschweigen kan, getroet [...]«. 257 Georg<br />

Webers Mutter scheint das Gerede über ihren Sohn entgegen ihrer Absicht, ihn vor<br />

einer gerichtlichen Bestrafung zu bewahren, selbst entfacht zu haben. In<br />

Anwesenheit eines anderen Knechts warf sie ihrem Sohn sein Fehlverhalten vor.<br />

Der vom Ohrenzeugen weitererzählte Vorwurf führte im Juli 1719 zu einer gerichtlichen<br />

Erhebung. Georg Weber wurde auf ewig des Landes unter der Enns verwiesen<br />

und zu vier Jahren Ruder<strong>die</strong>nst auf einer Galeere verurteilt (vgl. Rastinger<br />

2005:287-304).<br />

Ein Beispiel aus Mörschwang, einem Ort im heutigen Innviertel, zeigt ebenfalls,<br />

dass <strong>die</strong> Beobachtung einer sodomitischen Handlung nicht direkt der weltlichen<br />

Justiz bekannt gemacht wurde. Als der beim Mörschwanger Amtmann beschäftigte<br />

Tagwerker Matthias Angermayr am 16. Oktober 1741 gegen 12 Uhr mittags zu<br />

einem Brunnen in der Nähe eines Bauernhofes ging, sah er, dass auf einer Wiese<br />

ein etwa 15-jähriger Junge hinter einem Schwein stand und sich über das Tier<br />

beugte. Weil weder der Amtmann noch dessen Sohn in Mörschwang waren, verständigte<br />

der beunruhigte Tagwerker <strong>die</strong> Amtmannstochter Catharina Gräfin. Sie<br />

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