Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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lichen Österreich keine Alltäglichkeit. Die Tortur konnte in der Regel nur nach<br />
Genehmigung durch <strong>die</strong> übergeordnete Instanz und Anforderung des dafür zuständigen<br />
Freimanns und seiner Knechte vorgenommen werden. Kaum ein Landgericht<br />
konnte sich einen eigenen Scharfrichter leisten. So musste <strong>die</strong>ser in der<br />
Regel von Linz oder Wien zum entsprechenden Vollzugsort anreisen. Die Reiseund<br />
Unterbringungskosten mussten ebenso vom Landgericht getragen werden wie<br />
<strong>die</strong> Entlohnung für seine Tätigkeiten, <strong>die</strong> nach festgelegten Tarifen zu erfolgen<br />
hatte. Zwar waren <strong>die</strong> Landgerichte bemüht, <strong>die</strong>se Kosten von den Verurteilten<br />
wieder einzutreiben, doch dürfte <strong>die</strong>s nur selten gelungen sein.<br />
Ein weiterer wichtiger Quellentypus sind <strong>die</strong> rechtlichen Gutachten, <strong>die</strong> von ausgebildeten<br />
Juristen der Niederösterreichischen Regierung bzw. der Linzer<br />
Landeshauptmannschaft verfasst wurden – im Unterschied zu deutschen Territorien<br />
war <strong>die</strong> Aktenversendung an juristische Fakultäten im Erzherzogtum Österreich<br />
nicht üblich. Die Parere, wie <strong>die</strong> Gutachten auch genannt wurden, hatten vor<br />
allem <strong>die</strong> Funktion, ein Urteil juristisch zu begründen. Zu <strong>die</strong>sem Zweck wurden<br />
<strong>die</strong> vom Landgericht eingesandten Akten nach rechtlich relevanten Argumenten<br />
für und gegen <strong>die</strong> Verhängung einer »ordinari straff« (im Fall von Bestialität dem<br />
Tod durch das Feuer bzw. Enthauptung und Verbrennung bei gleichgeschlechtlicher<br />
Sexualität) durchgearbeitet. Die aus den Verhören, ZeugInnenaussagen und<br />
zusammenfassenden Berichten der Landgerichtsverwalter ermittelten »Tatumstände«<br />
wurden mehr oder weniger kunstvoll mit Zitaten aus den jeweils gültigen<br />
Strafrechtsordnungen und juristischen Handbüchern gespickt und so zu einer<br />
Argumentationskette verknüpft, <strong>die</strong> schließlich – nach Betrachtung etwaiger strafmildernder<br />
und strafverschärfender Umstände – in einen Urteilsvorschlag mündete.<br />
Dieser Vorschlag war für das Urteil des Landgerichts nicht bindend, wurde aber<br />
in der Regel übernommen. Das endgültige Urteil hing von der Bestätigung oder<br />
Abänderung durch <strong>die</strong> Landesregierung bzw. Landeshauptmannschaft ab.<br />
Ob und wie ein Urteil tatsächlich vollstreckt wurde, lässt sich häufig nur über<br />
Rechnungen oder Protokollbucheinträge rekonstruieren. Manchmal finden sich<br />
auch auf den Urteilen Notizen über <strong>die</strong> erfolgte Hinrichtung. Die in landgerichtlichen<br />
Beständen verwahrten Rechnungen sind in der Regel schriftliche Geldforderungen<br />
des Freimanns (und seiner Knechte) für geleistete Dienste oder<br />
Auflistungen der Kosten für eine Hinrichtung. Aus ihnen erfahren wir in nüchterner<br />
Sprache pragmatische Details über juristisch legitimierte Menschenverbrennungen:<br />
wie viel Holz für den Scheiterhaufen notwendig war; wie viel das<br />
Bußgewand kostete, das der Verurteilte tragen musste; wie viele Wachen vor dem<br />
Scheiterhaufen postiert wurden; wo der Verurteilte eingesperrt war.<br />
Nicht vergessen werden sollte schließlich, dass <strong>die</strong> Inhalte der überlieferten<br />
Quellen in hohem Maße durch asymmetrische Machtverhältnisse und sprachliche<br />
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