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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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und Gastgeber (Wirt) Wolf Lengauer gearbeitet hatte. Das Protokoll ist in acht<br />

durchnummerierte Punkte gegliedert. Die Nummerierung der Punkte drei bis fünf<br />

wurde umgekehrt. Einzelne Worte sind durchgestrichen und nicht mehr zu entziffern.<br />

Die drei Absätze werden durch eine geschwungene Klammer am linken Rand<br />

des Blattes verbunden, <strong>die</strong> mit der Notiz versehen ist, dass Daniel Weissenstainers<br />

Untaten nach der Osterbeichte geschehen seien und er vorgehabt hätte, sie bei der<br />

nächsten Gelegenheit zu beichten. Was steht in <strong>die</strong>sen drei Punkten?<br />

»3. [...] Im erwichnen Lanßig [Frühling] [...] hab Er <strong>die</strong> Sotamiterei (Zu dem Ende er<br />

gfangen) begehen wollen, aber sey Im [<strong>die</strong> Kuh] davon gloffen. 4. bekhent Er d[a]s gleich<br />

14 tag zuvor Er dises Zum erstenmall gebraucht alß Er Im Stall d[a]s Wasser abschlagen<br />

wollen, sey Im <strong>die</strong>ses Unflädig beigefallen, und würkhlich volbracht. 5. bekhent Er in<br />

dem Haubt Verbrechen, d[a]s Er Ja auß Verhengnus Gottes zumallen er im Gebet alzeit<br />

nachlässig gewest und antrib deß Pösen feindts vor 8 tagen alß er den Oxen gefüedert,<br />

mit ainer Rotten Khue sein begierliche Unfläderei verbracht«.<br />

Die jüngste Tat, das sogenannte »Haubt Verbrechen«, steht am Ende der sodomitischen<br />

Handlungen. Durch <strong>die</strong> nachträgliche Umkehrung der Reihenfolge wirkt der<br />

erklärend gebrauchte Topos, dass <strong>die</strong> sodomitische Handlung aus »antrib deß Pösen<br />

feindts« geschehen sei, merkwürdig deplatziert. Die teuflische Einflüsterung, so<br />

wird durch eine Unterstreichung <strong>die</strong>ser Worte im Original betont, habe nur »auß<br />

Verhengnus Gottes zumallen er im Gebet alzeit nachlässig gewest« zur Sünde führen<br />

können. Religiöse Nachlässigkeit wurde im rekatholisierten Spital besonders<br />

negativ bewertet. Das Protokoll führt zudem noch »Unzucht« mit zwei Mägden und<br />

<strong>die</strong> erfolglose Anstiftung eines anderen Knechts zu einem Diebstahl an. Die<br />

Anschuldigungen waren ernst, sogar so schwerwiegend, dass <strong>die</strong> Folter angeordnet<br />

wurde. Im Beisein des Bannrichters sowie zweier Ratsbürger und des Marktrichters<br />

von Windischgarsten wurde Daniel Weissenstainer am 7. April peinlich verhört.<br />

Seine Aussagen blieben grundsätzlich gleich, nur Details wurden ergänzt. Er sei<br />

»bezöcht gewest«, als er mit der Magd Maria schlief. Die andere Magd sei auch<br />

»gern seines willens gewest«. Er »hab khaine Notzwungen oder Inen deretwegen<br />

etwas geschenkht, noch zugeben versprochen«. 127 Während <strong>die</strong>se Angaben eher als<br />

strafmildernde Umstände bewertet werden konnten, war <strong>die</strong> Aussage Daniel<br />

Weissenstainers, dass »als Er den Oxen gefiedert [gefüttert], diß abscheichliche laster<br />

und groß vermeßner Unzucht Ebenfalls Niechter ungevehr umb 1 Uhr nacher<br />

Mittag <strong>wider</strong> Gottes gebott und geschribne gesaz volbracht« habe, ein Umstand, der<br />

eher ein schlechtes Licht auf ihn warf. Nüchtern und mitten am hellichten Tage<br />

begangen, war <strong>die</strong> »<strong>wider</strong>natürliche <strong>Unkeusch</strong>heit« noch verwerflicher.<br />

Zwei Tage später, am 9. April fand der Rechtstag in der Windischgarstner<br />

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