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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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sich Roland Graßberger zuvor auch schon gegen <strong>die</strong> Entkriminalisierung von<br />

Homosexualität wandte (Graßberger 1961:333-342).<br />

Einem liberalen Ansatz folgt <strong>die</strong> 1962 publizierte Stu<strong>die</strong> von Hans von Hentig.<br />

Seine »Soziologie der zoophilen Neigung« ist aus einer sexualwissenschaftlichrechtssoziologischen<br />

Perspektive geschrieben. Um das Phänomen Sodomie gesellschaftlich<br />

zu erklären, spannt der historische Abschnitt <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong> einen Bogen<br />

von der Mythologie zu spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gerichtsprozessen<br />

(Hentig 1962:7-39). Josef Massen strebt mit seiner 1994 publizierten<br />

Arbeit <strong>die</strong> allgemeine Enttabuisierung tierisch-menschlicher Sexualität an. Er versucht<br />

gerade auch mit seinem historischen Abschnitt <strong>die</strong> »Normalität« von sexueller<br />

Tierliebe aufzuzeigen (Massen 1994:87-165). Die fast zur selben Zeit veröffentlichte<br />

Stu<strong>die</strong> des niederländischen Biologen Midas Dekkers untersucht <strong>die</strong> menschliche<br />

Liebe zu Tieren nicht nur nach den physiologischen Möglichkeiten der sexuellen<br />

Vereinigung, sondern verbindet seine fachlich-geprägten Betrachtungen<br />

zudem mit kunst- und kulturhistorischen Überlegungen (Dekkers 1992, deutsch<br />

1994). Dekkers‘ Stu<strong>die</strong> verfolgt damit einen liberalen interdisziplinären Ansatz.<br />

Aus rechtswissenschaftlicher Perspektive befasst sich <strong>die</strong> 1997 veröffentlichte<br />

Stu<strong>die</strong> von Andreas Frank Orlik mit der Strafbarkeit homosexueller Handlungen in<br />

der Vergangenheit und in der Gegenwart. Der Themenstellung entsprechend konzentriert<br />

sich der zeitlich von der Antike bis in <strong>die</strong> Zeit des Nationalsozialismus reichende<br />

historische Überblick auf <strong>die</strong> strafrechtlichen Argumente, welche das Verbot<br />

gleichgeschlechtlicher sexueller Praktiken stützten (Orilk 1997:4-41). Die juristische<br />

Diplomarbeit von Surena Ettefagh aus dem Jahr 1996 untersucht <strong>die</strong> rechtswissenschaftlichen<br />

Debatten zur Streichung der Paragraphen 209 (»gleichgeschlechtliche<br />

Unzucht« mit männlichen Personen unter 18 Jahren), 220 (Werbung für »homosexuelle<br />

Unzucht«) und 221 (Verbindungen zur Begünstigung »homosexueller<br />

Unzucht«) aus dem österreichischen Strafgesetzbuch. Ein kurzer historischer Abschnitt<br />

soll den repressiven Charakter des Strafrechts gegenüber ›Homosexuellen‹<br />

von der Antike bis zur Gegenwart nachzeichnen (Ettefagh 1996:14-18)<br />

1.1.1. Gleichgeschlechtliche Sodomie<br />

Bei historischen Arbeiten im engeren Sinn fällt auf, dass der Begriff der Sodomie<br />

sowohl für das Spätmittelalter als auch für <strong>die</strong> Frühe Neuzeit fast ausschließlich<br />

auf Männer bezogen wird, <strong>die</strong> sexuelle Beziehungen zu Männern bzw. Knaben hatten.<br />

Hier macht sich einerseits <strong>die</strong> Konzentration der historischen Forschungen auf<br />

städtische Gebiete bemerkbar. Andererseits gilt es auch den Entstehungshintergrund<br />

vieler sexualitätshistorischer Arbeiten aus den 1970er und 1980er<br />

Jahren zu berücksichtigen. Ähnlich wie <strong>die</strong> Frauengeschichtsschreibung der<br />

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