Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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Wegleuthner konsequent: Die gerichtliche Verfolgung einer Sodomiebeschuldigung<br />
bedeutete im protestantischen Wartenburg des späten 16. und frühen 17.<br />
Jahrhunderts ein sicheres Todesurteil. Damit stand Wartenburg nicht allein. Alle<br />
von mir recherchierten Sodomieprozesse des 16. und frühen 17. Jahrhunderts<br />
endeten mit Todesurteilen.<br />
3.2.3. Sodomieprozesse in Spital am Pyhrn (1594-1684)<br />
Im Südosten des Landes ob der Enns, an der Grenze zur Steiermark, befand sich<br />
<strong>die</strong> geistliche Herrschaft Spital am Pyhrn. Ende des 12. Jahrhunderts hatte Bischof<br />
Otto II. von Bamberg ein Pilgerhospiz an der wichtigen Handelsstraße über den<br />
Pyhrnpass gegründet. Durch Schenkungen vergrößerte sich der Besitz des Spitals<br />
im Laufe des Mittelalters. 1418 wurde es in ein Kollegiatsstift weltlicher Chorherren<br />
umgewandelt (OÖW 2/1956:249).<br />
Die Reformation schlug ihre Wellen im Garstnertal. Mitte des 16. Jahrhunderts war<br />
ein Großteil der Bevölkerung des Spitaler Herrschaftsbereichs vom neuen Glauben<br />
überzeugt, unter ihnen <strong>die</strong> Mehrheit der Chorherren im Stift. Ein Visitationsprotokoll<br />
von 1561 berichtete, dass der Spitaler Dechant verheiratet war und ein Kind hatte.<br />
»Die Kommissäre fanden alle Chorherren beweibt, das Stift vollständig verweltlicht«<br />
(Eder 1936:211; vgl. Krawarik 1977:45-58). Zwar hatten <strong>die</strong> Stände sowie <strong>die</strong><br />
sieben landesfürstlichen Städte in Österreich ob der Enns 1569 <strong>die</strong> Religionsfreiheit<br />
zugesichert bekommen, doch galt <strong>die</strong>se nicht für <strong>die</strong> ländliche Bevölkerung. Im späten<br />
16. Jahrhundert wurde der gegenreformatorische Druck größer (vgl. Waldau<br />
1784). Der Spitaler Dechant Johann Jakob Gienger (1570-1609) setzte 1585 zwei<br />
Protestanten, den Windischgarstner Pfarrer Andreas Grasl und den Prädikanten<br />
Bernhard Khimel, ab und zog sich damit großen Unmut seitens der Bevölkerung zu.<br />
Den beiden Lutheranern gelang zwar keine Rückkehr, doch wurde 1589 mit Jakob<br />
Streun erneut ein protestantischer Prediger Pfarrer von Windischgarsten. Die von der<br />
bäuerlichen Bevölkerung ausgehenden Unruhen rührten aber nur bedingt vom konfessionellen<br />
Druck der Rekatholisierung her. Es waren vielmehr soziale und ökonomische<br />
Bürden, <strong>die</strong> <strong>die</strong> bäuerlichen Untertanen gegen ihre Grundherrn aufbrachten<br />
(Hochhauser 1993:68-71). Dechant Johann Jakob Gienger wurde schließlich so<br />
bang, dass er sogar Landsknechte und Söldner zur Bewachung des Stiftes holte. 1595<br />
brach der Aufstand los. 1597 wurde er blutig niedergeschlagen. 119 Das rekatholisierte<br />
Stift Spital am Pyhrn wurde 1605 zur Propstei erhoben.<br />
Die Verfolgung »<strong>wider</strong>natürlicher« Sexualität war in der geistlichen Herrschaft<br />
Spital am Pyhrn zeitlich nicht so konzentriert wie in der Herrschaft Wartenburg. Im<br />
Zeitraum von 1594 bis 1684 fanden sieben Sodomieprozesse statt. Sechs davon<br />
endeten mit der Hinrichtung des Inquisiten, nur im letzten der Prozesse wurde kein<br />
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