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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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wohlverständlich, und in geheim zu instruieren, daß er zu solchen Bewerkstelligungsende<br />

unvermerkt deren Umstehenden, den armen Sünder an einem in dem Scheitterhauffen<br />

aufgerichteten Pfahl um den Hals anbinden, und während deme, daß sein Knecht dem<br />

Inquisiten den Pulversack auf das Herz anleget, er Scharffrichter zu gleicher Zeit den<br />

Inquisiten mittelst des durch den Pfahl gehenden Stranges, und angelegten Knebels verläßlich<br />

erwürgen, und in solcher Zeit der Scheitterhaufen angezündet, sohin der Körper<br />

zu Staub, und Aschen verbrennet werden solle« (Theresiana, Geheime Anmerkungen:2f).<br />

Nur »reumüthigen Sündern« soll <strong>die</strong>ser schnellere Tod gewährt werden. Kein<br />

Erbarmen kennt das Gesetz hingegen mit »unbußfertigen Inquisiten«:<br />

»in dem widrigen Fall, wenn es nämlich um einen unbußfertigen Inquisiten zu thun ist,<br />

[hat] solche Gnadenertheilung nicht statt, sondern das Obergericht hat solchen Falls [...]<br />

zu verfügen, daß an einem solch-verstockten Sünder, wenn er forthin in der<br />

Unbußfertigkeit verharret, das auf das lebendige Feuer [...] ausgefallene Urtheil nach<br />

Strenge der Rechten vollstrecket werden solle« (Theresiana, Geheime Anmerkungen: 3).<br />

Es könne sich allerdings ergeben, »daß ein sich unbußfertig anlassender Missethäter<br />

annoch in der Ausführung, oder an der Richtstatt sich zu Gott bekehre«. War<br />

<strong>die</strong>s der Fall, so sollte <strong>die</strong>ser dann auch noch zur vorherigen Erdrosselung begnadigt<br />

werden. Der Scharfrichter müsse deshalb in solchen Fällen vorsichtshalber<br />

einen Pfahl in den Scheiterhaufen einschlagen lassen und einen Pulversack sowie<br />

den zur Erdrosselung nötigen Strick bei sich haben. Das hier zum Ausdruck<br />

gebrachte Abwägen zwischen Milde und Strenge, <strong>die</strong> inszenierte Härte und <strong>die</strong><br />

heimlich gewährte Gnade bei der Hinrichtung befinden sich im Spannungsfeld<br />

zwischen dem christlich-humanen Prinzip der Barmherzigkeit und dem strafrechtlich-gesellschaftspolitischen<br />

Gedanken der Abschreckung. Die Theresiana ist wie<br />

ihre Vorgängerinnen weit von einer Säkularisierung des Strafrechts entfernt. Die<br />

christliche Religion, im speziellen deren katholische Ausprägung, beeinflusst <strong>die</strong><br />

moralischen Maßstäbe der Justiz bis zur Strafrechtsreform Josephs II. und zum Teil<br />

noch danach. 53<br />

Auch <strong>die</strong> Indizien, <strong>die</strong> zur Verhaftung einer »verdächtigen« Person führen müssen,<br />

sind in der Theresiana erweitert und scheinen von den publizierten<br />

Erfahrungen der Rechtsgelehrten in verschiedenen Handbüchern beeinflusst zu<br />

sein:<br />

»[...] befindet sich nun etwas wirklich in der That, oder aber der Thäter würde entweder<br />

in der That selbst, oder in solchen Geberden, und Entblössung, woraus <strong>die</strong> That zu vermuten<br />

wäre, betretten, oder da er bereits den Vorsatz, und Anfang der That, nicht aber <strong>die</strong><br />

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