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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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natus est« (Strnadt 1909:232). Aufgrund mehrerer Diebstähle und wegen begangener<br />

Sodomie sei Michael Hecher zum Tod durch Rädern verurteilt worden. Die<br />

Akten zum Prozess dürften verloren gegangen sein. Ich konnte nur noch eine<br />

Rechnung über <strong>die</strong> Landgerichtskosten finden, <strong>die</strong> neuerlich Aufschluss über <strong>die</strong><br />

Hinrichtung gibt. 131 Gleich im ersten Absatz <strong>die</strong>ser Rechnung wird Michael Hecher<br />

als »Mörter« bezeichnet, für <strong>die</strong> Führung des Prozesses gegen ihn erhob der<br />

Bannrichter eine Forderung von 64 Gulden. Der Vorwurf der Sodomie kommt<br />

genau so wenig zur Sprache wie <strong>die</strong> Beschuldigung vielfacher Diebstähle. Die<br />

Strafe des Räderns erscheint im Fall von Sodomie eher ungewöhnlich. Von Mord ist<br />

wiederum bei Strnadt nichts zu lesen. Zu vermuten ist, dass Michael Hecher aller<br />

drei Delikte beschuldigt worden war und lediglich <strong>die</strong> schwerste Anklage in der<br />

Rechnung erwähnt wird. Dass der Mord bei Strnadt nicht genannt wird, könnte wiederum<br />

einem Versehen oder einer unvollständigen Quellenlage entspringen. Was an<br />

<strong>die</strong>ser Rechnung erstaunt, ist der Umstand, dass nicht etwa der Freimann zur peinlichen<br />

Befragung des Inquisiten geholt wurde, sondern dass der Abdecker, der<br />

Landgerichts<strong>die</strong>ner und einige andere Männer als Folterknechte im Einsatz waren:<br />

»dem Jacoben In der Hanslleuthen abdeckhern, wegen d[er] raisen und ver:richten<br />

tortur zalt: 5 f; denen Landgerichtsdhienern und Iren Gehilfen wegen solcher<br />

Volfürung bezalt: 3 f«. Die angeführten Kosten für <strong>die</strong> Hinrichtung betrugen mehr<br />

als 200 Gulden. In einem historischen Abriss anlässlich des 750-jährigen Bestehens<br />

von Windischgarsten berichtet Hans Krawarik folgendes zu Michael Hecher:<br />

»In den Jahren 1643 und 1644 fiel den Bürgern immer wieder ein junger Mann im Markt<br />

auf, der <strong>die</strong> Frais [Epilepsie, Krampfanfälle] hatte. Zur Jahreswende 1645 konnte man ihn<br />

schließlich wegen eines Diebstahls verhaften. Da der Markt kein Hochgericht (Burgfried)<br />

besaß, begann am 24. Jänner 1645 unter Vorsitz des kaiserlichen Bannrichters Johann<br />

Neurättinger das ›gütliche und peinliche‹ Verhör gegen <strong>die</strong>sen zweiundzwanzigjährigen<br />

Michael Hecher aus Fronleiten/Steiermark in Spital. [...] Michael Hecher war mit 18<br />

Jahren vom elterlichen Hof ausgerissen und hatte sich bald dem ›Herzkönig‹ Veit<br />

Rotkopf, dem Anführer einer Diebs- und Mörderbande im Traunviertel, angeschlossen.<br />

Dutzende Männer und schwangere Frauen wurden für den sogenannten ›Diebslichtzauber‹<br />

auf grausamste Art in wenigen Jahren hingemordet. Hecher hatte als Außenposten<br />

in Windischgarsten gewirkt und sich zeitweise stumm und epileptisch gestellt.<br />

Immerhin hatte er 15 Morde auf dem Gewissen. Er wurde zum Tod durch das Radflechten<br />

verurteilt und als Leiche den Raben überlassen«. 132<br />

Wieder kein Wort von Sodomie. Hier werden dafür <strong>die</strong> Diebstähle und Morde<br />

besonders betont. Je nach Perspektive des Berichtenden werden also unterschiedliche<br />

Straftaten hervorgehoben. Der einzige bis heute überlieferte Bericht eines<br />

138

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