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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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möchte ich <strong>die</strong> kurze Sequenz zum fünften Verhör wiedergeben. Kurze Erläuterungen<br />

zum Inhalt der jeweiligen Antworten habe ich in eckige Klammern gesetzt.<br />

»Bey Herablesung der 11ten Antwort [in der <strong>die</strong> Inquisitin über einen Versuch Isaak<br />

Löbls berichtete, sich ihre Liebes<strong>die</strong>nste zu erkaufen] sagt sie: Ja, es ist <strong>die</strong> gründliche<br />

Warheit, ich sag es ihm ja, daß Er es hört, Er kans nicht laugnen. Der Jud schweigt gleichfalls<br />

<strong>wider</strong> und thut zuweilen husten. [...] Bey der 12tn Antworth [in der sie erzählte, dass<br />

sie ihren Arbeitgeber manuell befriedigen sollte]: Da hört Ers ja! thue mich kratzen, thue<br />

mich kratzen, es thuet mich kitzeln; ich hab ihm aber darauf gespiben. Da hört Ers ja!<br />

Nach herablesung der 12tn Antwort, sagt Er auf <strong>die</strong> Worth des Menschen: Schweigts nur,<br />

lasts nur schreiben. [...] Bey der 15tn Antworth [<strong>die</strong> Begebenheit unter dem Birnbaum]:<br />

Ja da hat er mich auf der Erden gehabt und da hat Er das ding gezet, und hat gesagt, Er<br />

hat sein Saam verschiett, ich hab nicht geschwind gewust, was vor einen Saam. Allein ich<br />

hab ihme nicht hineinlassen, da hört Ers ja, alles ist richtig. Wie Er auf der Schanz gesagt<br />

hat, gieb mir ein Bußl, was hab ich gethan? Sagts es! Ins Gesicht hab ich Eng gespieben;<br />

Ists nicht wahr? Der Zehner hat mir auch wohl gethan. Ja ös habts ein Gewissen, wie ein<br />

schwarzer Gaisbok. Er hat ja alle Hieb gesagt, ich soll laugnen. Da hust Er, da hust Er,<br />

aber sein Husten ist nur eine Verstellung. Zu lezt sagt Er: Ich sag ihnen ja, sie können mit<br />

mir machen, was sie wollen, es ist kein Worth wahr; Ich hab ja ein Gewissen«.<br />

Beinahe können wir uns <strong>die</strong> wütende Magdalena Gallin vorstellen, <strong>die</strong> ihrem<br />

ehemaligen Arbeitgeber gegenübersteht, mit zitternder und etwas zu lauter Stimme<br />

spricht, auf ihr Gegenüber zeigt und auf den Boden spuckt. Wir können uns auch<br />

ein Bild von Isaak Löbl machen, der über weite Strecken schweigt, gelegentlich<br />

resignierend den Kopf senkt und mit weinerlicher Stimme von sich gibt, dass sie<br />

(<strong>die</strong> Gerichtsangehörigen) ohnehin alles mit ihm machen könnten. Bei all der suggestiven<br />

Kraft, <strong>die</strong> von <strong>die</strong>sen Protokollen ausgeht: <strong>die</strong> Bilder, <strong>die</strong> sie in uns evozieren,<br />

sind nicht komplett. Die sauber geschriebenen Confrontationsprotokolle<br />

lassen vermuten, dass wir es mit sorgsam zusammengesetzten und gekürzten<br />

Versionen von nicht mehr existenten Mitschriften zu tun haben. Es sind letztlich<br />

manipulierte, weil auf <strong>die</strong> Interessen des Landgerichts abgestimmte und einseitig<br />

perspektivierte Texte.<br />

Insgesamt 14 Amtshilfegesuche richtete das Landgericht Freistadt zwischen<br />

Anfang September und Mitte November 1779 an verschiedene Gerichte im Mühlund<br />

Waldviertel sowie in Südböhmen und Südmähren. 75 Viele der Anfragen hatten<br />

Überprüfungscharakter und suchten Bestätigung für bereits gemachte Angaben des<br />

Inquisiten bzw. der Inquisitin. Es galt zu klären, wie Magdalena Gallin in den<br />

Besitz der zwei Schlüssel gekommen war, <strong>die</strong> sie bei ihrer Inhaftierung bei sich<br />

hatte. Auch <strong>die</strong> Angaben zur Herkunft der Waren, <strong>die</strong> Isaak Löbl bei sich getragen<br />

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