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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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»ain Windliecht«, »ain baar feistling«, Eisen, Schweinefleisch und »Lodentuech«<br />

habe er seinen Dienstgebern »entfremdet«. 135 Erst im dritten Verhör vom 20. Mai<br />

findet sich neben den bereits erwähnten Diebstählen eine Sodomiebeschuldigung:<br />

Wolf Gösweiner habe ein Schaf und ein Kalb »angegangen«. Ob ihm <strong>die</strong>ses<br />

Geständnis in den Mund gelegt worden war, lässt sich mangels protokollierter<br />

Fragen nicht feststellen. 136 Recht viel mehr erfahren wir aus den überlieferten Akten<br />

nicht. Eine Rechnung über <strong>die</strong> Gerichtskosten gibt Auskunft darüber, dass der<br />

Prozess rasch beendet und Wolf Gösweiner schließlich am 4. Juni hingerichtet<br />

wurde. Zwar liegt weder ein Bericht über den einberufenen Rechtstag noch ein<br />

Urteil vor, doch das Deckblatt zum dritten Verhör verrät: »Peyndliche bekandtnus<br />

des Wolfen Gösweiner in p[un]cto Sodomiae welcher mit dem Schwerdt hingerichtet<br />

worden«. 137 Allein <strong>die</strong> Geldforderung des Bannrichters belief sich auf 70 Gulden<br />

und 30 Kreuzer. Das Landgericht bezahlte nur 64 Gulden. 138<br />

Der einzige Sodomieprozess aus Spital am Pyhrn, der nicht zu einem Todesurteil<br />

führte, war jener gegen Michael Puchegger im Jahr 1684. Zugleich ist es auch der<br />

einzige Sodomieprozess, der in Strnadts Auflistung der Verurteilungen des<br />

Landgerichtes Spital fehlt. Das Gerichtsverfahren lässt sich anhand dreier Verhöre,<br />

eines rechtlichen Gutachtens, des Begleitbriefs zum Gutachten, dem Konzept einer<br />

Urfehde und der Urfehde nur teilweise rekonstruieren. Wie der 20-jährige Bauernknecht<br />

vor Gericht kam, wissen wir nicht. Das erste überlieferte Verhör erfolgte<br />

bereits unter Anwendung der Folter, was mit großer Sicherheit darauf schließen<br />

lässt, dass schon zuvor Verhöre vorgenommen worden waren. Der Inquisit bekannte<br />

erstens, dass er sich mit seiner Verwandten 139 Susana Wachterin »fleischlich vermischt,<br />

und <strong>die</strong> bluetschand begangen habe«. Zweitens gab er an, »daß er in seiner<br />

Jugent mit einen schwarzen schoff wirklih gesindiget, und den abscheuliche laster<br />

der Sodom: begangen habe«. 140 Inzest und Sodomie waren schwerwiegende<br />

Anschuldigungen, <strong>die</strong> vom Gericht überprüft werden mussten. Am 30. Juni wurde<br />

Michael Puchegger erneut, <strong>die</strong>smal wieder »güettig« verhört. Er modifizierte sein<br />

Geständnis dahingehend, »daß er Ungevehr vor 6 Jahren auf der Waidt mit einen<br />

schaff oder lamp daß abscheuliche Laster der Sodomia begehen wollen, daß schaff<br />

an sich gehalten sich entblest, und nidergekniet, alß er aber von seinen bauern und<br />

herrn erdapt worden und angeschrien, hab er daß schaff <strong>wider</strong> von sich gelassen,<br />

und daß werkh noch nit volzogen [...]«. 141 Begangene Sodomie und versuchte, aber<br />

nicht vollzogene Sodomie – ein bedeutsamer Unterschied in den beiden Aussagen.<br />

Der Inquisit wurde am 14. Juli ein drittes Mal, wiederum unter Einsatz der Tortur<br />

verhört. Dieses Mal wurde das Protokoll nicht summarisch, sondern in artikulierter<br />

Form, also Fragen und Antworten festhaltend, verfasst. Michael Puchegger<br />

gestand den Versuch sexueller Handlungen mit einem schwarzen Schaf. Es sei aber<br />

bei zwei Versuchen geblieben. »Hab woll sein glidt daran gesezt, aber habe nit<br />

140

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