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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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9. Ob er <strong>die</strong> that wirklich volzogen habe. 9. Hab woll sein glidt daran gesezt, aber habe<br />

nit darein kint, seye vill zu klein gewesen.<br />

10. Wo damallen <strong>die</strong> Leith in hauß gewesen. 10. Seynd bey der Hauß gewesen.<br />

11. Ob er Niemandts vermerkht der solches gesehen. 11. Der baur hat ihn 1 mahl erdapt.<br />

12. Waß ihme darzue bewegt oder angetriben. 12.Der Unverstand.<br />

13. Ob ihms Jemandt gelehrnet, oder ob ers von andren gesechen habe. 13. Habs vor sich<br />

selbsten gethan.«<br />

Die Fragen weichen nur in zwei Punkten vom Katalog ab, der in der Leopoldina<br />

vorgegeben ist: Zum einen lassen <strong>die</strong> vorformulierten Fragen in der Leopoldina<br />

offen, ob ein »Viech« oder »Knabe« sodomisiert wurde, <strong>die</strong> dritte Frage des<br />

Verhörs beschränkt sich dagegen auf Tiere. Zum andern kommt <strong>die</strong> Frage nach<br />

Aussehen und Verbleib des Tieres in der Leopoldina nicht vor (Leopoldina, II, Art.<br />

15 §3). Diese geringfügigen Diskrepanzen lassen sich damit erklären, dass der<br />

Inquisit bereits zweimal zuvor, am 23. Juni und am 30. Juni 1684, verhört worden<br />

war und das Gericht daraus bereits über Geständnisse verfügte, <strong>die</strong> es unter<br />

Zuhilfenahme des Fragekatalogs der Leopoldina in <strong>die</strong> Form eines artikulierten<br />

Verhörs bringen wollte. Das strikte Frage-Antwort-Schema wird aber an zwei<br />

Stellen gebrochen: Da in der ersten Antwort schon <strong>die</strong> zweite Frage beantwortet<br />

worden war, vermerkte der Schreiber bei der ersten Antwort »1. et 2.«. Auf <strong>die</strong><br />

Frage nach den in den vorhergehenden Antworten bereits enthaltenen »Tatumständen«,<br />

vermerkte der Schreiber bloß »oben gemelt«.<br />

Noch deutlicher wird <strong>die</strong> Diskrepanz zwischen dem Festhalten an vorformulierten<br />

Fragen und der inhaltlichen Unmöglichkeit, <strong>die</strong>se zu beantworten, bei der<br />

Befragung von Georg Pierafellner, der im Prozess gegen Hans Schachner im<br />

Februar 1699 als Zeuge vernommen wurde. Das Weinberger Landgericht hatte,<br />

wie sich zeigen sollte, zu Unrecht geglaubt, dass der Sodomieverdächtige Hans<br />

Schachner bei besagtem Georg Pierafellner, einem Freistädter Untertan, als Knecht<br />

ge<strong>die</strong>nt hatte, und eine Auflistung von »Fragstücken« an den Freistädter Magistrat<br />

geschickt, damit <strong>die</strong>ser den mutmaßlichen Zeugen befrage. Bei der Befragung<br />

stellte sich aber bald heraus, dass Hans Schachner zu dem Zeitpunkt, als Georg<br />

Pierafellner den Pischinghof übernahm, schon längst hinausgeworfen worden war.<br />

Die vorformulierten Fragen wurden dennoch durchgefragt und so kam es, dass der<br />

Protokollant anstelle von Antworten zu den Fragen neun bis elf vermerken musste:<br />

»Ist mit der ad interrogatorium 5 tum 6 tum et 8 vum beraiths gethanen aussag dergestalten<br />

Verstandten, das Er deponent weder von ain: noch dem andren d[a]s<br />

geringste zusagen wisse«. 286 Zu den nachfolgenden Fragen zwölf bis vierzehn steht<br />

anstelle einer Aussage bloß das Wort »Insimili«. 287<br />

Neben der sturen Befolgung eines seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts<br />

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