Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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eines Säckhl Pulvers« auf dem Scheiterhaufen sterben sollte. 292 Mit »rechtlicher<br />
Umbfrag« könnte, sofern es sich dabei nicht um <strong>die</strong> von den Gedingsrichtern<br />
gemachten Urteilsvorschläge handelt, ein eingeholtes Gutachten gemeint sein, das<br />
den Akten allerdings nicht beilag.<br />
Nur zu elf Prozessen sind rechtliche Gutachten bzw. ausführliche, von Juristen<br />
(mit)verfasste Berichte an <strong>die</strong> Niederösterreichische Regierung bzw. Linzer<br />
Landeshauptmannschaft überliefert. Die Gutachten zu den Prozessen gegen Georg<br />
Wegleuthner (Wartenburg 1612), gegen Georg Dörffl (Pöggstall 1689/90) sowie<br />
gegen Isaak Löbl und Magdalena Gallin (Freistadt 1779/80) wurden bereits in den<br />
Fallstu<strong>die</strong>n genauer betrachtet. Der von der Niederösterreichischen Regierung am<br />
25. August 1719 gegen Georg Weber ausgefertigte Urteilsvorschlag 293 ist zwar<br />
noch überliefert, das Papier aber durch einen Wasserschaden derart in Mitleidenschaft<br />
gezogen, dass der Inhalt kaum leserlich ist (vgl. Rastinger 2005:293f). Um<br />
zu zeigen, was sich von der ersten zur zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in der<br />
Phase der Urteilsfindung änderte, soll an <strong>die</strong>ser Stelle noch einmal auf <strong>die</strong> Prozesse<br />
gegen Daniel Weissenstainer (Spital am Pyhrn 1639) und Michael Puchegger<br />
(Spital am Pyhrn 1684) zurückgegriffen werden.<br />
Wegen der beobachteten Sodomie mit einer Kuh verhaftet, gestand Daniel<br />
Weissenstainer in den mit ihm vorgenommenen Verhören noch weitere sodomitische<br />
Handlungen mit Kühen, »Unzucht« mit zwei Mägden und <strong>die</strong> Anstiftung<br />
eines Knechtes zum Diebstahl. Als Ursache für <strong>die</strong> sodomitischen Praktiken wurde<br />
im summarischen Verhörprotokoll unterstrichen festgehalten, dass »er im Gebet<br />
alzeit nachlässig gewest«, ohne Unterstreichung wurde gleich danach der »antrib<br />
deß Pösen feindts« angeführt. Ob <strong>die</strong>se »Erklärungen« für das sündhafte Verhalten<br />
aus dem Mund des Verhörten stammten, ist schwer einzuschätzen. Möglicherweise<br />
waren hier <strong>die</strong> nicht protokollierten Fragen der Verhörenden eingeflossen. Im<br />
rechtlichen Urteil, vom obderennsischen Bannrichter und einem neunköpfigen<br />
Geding unterzeichnet, wurden <strong>die</strong> Aussagen Daniel Weissenstainers nicht wörtlich,<br />
sondern lediglich sinngemäß aufgenommen. Sie schoben dem Inquisiten letztlich<br />
mehr Verantwortung für seine Taten zu, als in den Verhörprotokollen greifbar wird.<br />
Er habe »nit allain Unnatierlich teifflischer weiß mit ainer Khue das erschreckhliche<br />
hochsträffliche Sotamitische Laster zu zway Unterschiedlichen mallen begangen«,<br />
sondern auch mit einer andern Kuh den Versuch dazu unternommen und<br />
»mit <strong>die</strong>nst Magten leichtferttig zuegehalten«. Er sei eines »leichtferttigen verruechten<br />
lebens gewöst, [...] zu mallen er sich vorsezlich Muetwillig ohne bedrachtung<br />
zeittlich und Ewiger Straffe dem Viech pestialisch gleich gemacht« habe.<br />
Nach der Carolina, Artikel 116 ver<strong>die</strong>ne er zwar den Feuertod, doch seien geistliche<br />
und weltliche Fürsprecher an das Gericht herangetreten, weshalb der Inquisit<br />
vor seiner Verbrennung aus Gnade enthauptet werden solle. Das Urteil korrespon-<br />
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