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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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sexuelle Handlungen mit einem Tier vornimmt, verwirke sein Leben, ebenso aber<br />

das Tier, denn es habe »zu einen so groben Verbrechen etwas beygetragen, daß dessen<br />

Gedächtnuß anderen zum Beyspiel [...] nothwendig vertilget werden« müsse.<br />

Dieser Standpunkt wurde schon von Jost Damhouder vertreten:<br />

»Jedoch möchte hierauff gefragt werden, warumb <strong>die</strong> vnvernünfftige Thier, welche doch<br />

<strong>wider</strong> das Gesetz, <strong>die</strong>weil sie keinen fürsetzlichen Willen oder bedeckend Gemüt haben,<br />

nit gesündigt, von wegen angeregter vnnatürlicher Mißthat zugleich mitgestrafft werden.<br />

Vnnd ist darauff zu antworten, daß in solchen fall, <strong>die</strong> vnvernünfftige Thier, nit jrer eygener<br />

vnd innerlicher Sünde halben, sondern darumb, daß sie (also darvon zu reden) mithelffende<br />

Werckzeuge, damit Menschen <strong>die</strong> aller schmählichste Schande begangen, vnnd<br />

darob eines grewlichen Todts sterben müssen, gewesen« (Damhouder 1581:162).<br />

Auch Benedict Carpzov teilt <strong>die</strong> Auffassung, dass ein Tier im Falle von<br />

Bestialität das bloße Werkzeug des Menschen sei, aber als solches vernichtet werden<br />

müsse: »[...] neque enim animanta bruta in crimine hoc Sodomiae ob peccatum<br />

commissum puniuntur, sed quia instrumenta fuere socia, cum quibus homines<br />

nefantissimum perpetrarunt nefas. [...] ne animal odium et indignitatem hominibus<br />

incuteret« (Carpzov 1635:q75,n33). 44<br />

Grenecks Position beruft sich damit unausgesprochen auf juristische Autoritäten,<br />

er vertritt den »common sense«.<br />

Es war kein allzu großer Kreis von juristischen Kapazitäten, der von den oberund<br />

niederösterreichischen Rechtsgutachtern tatsächlich zitiert wurde. Es fällt auf,<br />

dass jene Rechtsgelehrten, <strong>die</strong> schon von Jost Damhouder, Mathias Berlich(ius)<br />

und Benedict Carpzov angeführt werden, auch noch in den Gutachten des 18.<br />

Jahrhunderts Erwähnung finden. Die Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher<br />

Abhandlungen zum Thema war offensichtlich unüblich, obwohl im 18.<br />

Jahrhundert Arbeiten erschienen, <strong>die</strong> sich ganz oder zu einem großen Teil mit dem<br />

Delikt Sodomie auseinandersetzen. Weder Johannes Strauchs Dissertatiuncula<br />

juridica de crimine sodomiae (Halle 1720) noch <strong>die</strong> Dissertatio juridica de mitigatione<br />

poenae in crimine sodomiae (Frankfurt/Oder 1739) von Friedrich August<br />

Brown fand ich in einem Gutachten zitiert. Ebenso fehlt das Traktat von Erasmus<br />

Ungepauer de delictis carnis, Von den fleischlichen Verbrechen (Halle 1735).<br />

Möglicherweise hängt <strong>die</strong> Nicht-Rezeption <strong>die</strong>ser wissenschaftlichen Abhandlungen<br />

mit der explosionsartigen Vermehrung juristischer Dissertationen im frühen<br />

18. Jahrhundert zusammen, so dass <strong>die</strong> in Wien und Linz arbeitenden Rechtsgelehrten<br />

vielleicht weder <strong>die</strong> Zeit noch Gelegenheit dazu hatten, alle eventuell<br />

relevanten Publikationen zu rezipieren. Vielleicht hing <strong>die</strong> Nicht-Rezeption der<br />

juristischen Dissertationen aber auch mit der Verortung ihrer Autoren an protestan-<br />

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