Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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Schwager Simon. Dieser habe, als er sie erblickte, sofort aufgehört und sei davon<br />
geeilt »ohne d[a]s er ihme seine schamb zuverbergen, oder in <strong>die</strong> hosen zubringen<br />
Zeith genomben«. Zwar habe sie kurz überlegt, ihm nachzulaufen und ihn zu<br />
bestrafen, doch da er beinahe gehörlos sei und sie laut mit ihm hätte schreien müssen,<br />
»hab sye es sein lassen, und ist ihren weeg fohrtgangen«. Zwar unterließ es<br />
Eva Schwandtnerin, ihren schwerhörigen jungen Schwager zur Rede zu stellen<br />
bzw. zu bestrafen, doch ließ ihr <strong>die</strong> Sache offensichtlich keine Ruhe. Nach<br />
Beendigung ihrer Arbeit am Gemüseacker nahm sie den Ort des Geschehens in<br />
Augenschein, konnte aber in der Nähe der Stelle, wo <strong>die</strong> Kuh gestanden war, nur<br />
einen Kuhfladen und einen »nassen fleckh« sehen, was sie darauf zurückführte,<br />
»d[as]s <strong>die</strong> Khue den Harmb gelassen haben müsse«. Ihrem Mann, der sie mit<br />
Verwunderung auf der Kuhweide sah, habe sie von ihrer Beobachtung erzählt. Was<br />
danach geschah, lassen <strong>die</strong> überlieferten Protokolle im Dunkeln. Vermutlich erstattete<br />
Eva Schwandtnerin Anzeige. 253 Sie dürfte <strong>die</strong>s allerdings erst nach einigem<br />
Zögern getan haben, denn zwischen dem Tag der Beobachtung und dem Zeitpunkt<br />
des ersten Verhörs mit Simon Schwandtner lagen nicht weniger als drei Wochen.<br />
Der von seinen Verwandten und vom Gericht als »dalkhet« (ungeschickt, dumm)<br />
und »einfältig« beschriebene Simon Schwandtner wurde schließlich zu 15<br />
Peitschenhieben und der Verweisung aus dem Landgericht verurteilt. 254<br />
Sebastian Pöllinger wurde im Juli 1693 von seiner eigenen Mutter dem Kremsmünsterer<br />
Landgericht ausgeliefert. Aus einer kurzen Notiz im Kremsmünsterer<br />
»Ingedenkprotokoll« lässt sich entnehmen, dass sich der 20-Jährige wegen Bestialität<br />
zu verantworten hatte. Es war offensichtlich eine Besonderheit, dass ihn <strong>die</strong><br />
eigene Mutter anzeigte, denn <strong>die</strong> sonstigen Einträge im landgerichtlichen Protokollbuch<br />
verraten nur sehr selten, auf welche Weise malefizische Straftaten vor<br />
Gericht gekommen waren. Abgeleitet von dem in der Leopoldina festgelegten<br />
Strafmilderungsgrund »Wann ein Vatter seinen Sohn, so ein Übelthäter ist, der<br />
Obrigkeit freywillig überantwortet« (Leopoldina II Art.37 §12) wurde <strong>die</strong> mütterliche<br />
Denunziation als mildernder Umstand ausgelegt. Die Denunziation bewahrte<br />
den jungen Mann vor dem Tod: »dahero aus besonders-mildernden Umständen<br />
von der Ord[ina]ri Lebens-Straff absolviret«. Sebastian Pöllinger wurde mit 30<br />
Peitschenhieben und der Verbannung aus dem Landgerichtsbezirk bestraft. Die<br />
anderen fünf Männer, <strong>die</strong> im späten 16., im 17. und im frühen 18. Jahrhundert vor<br />
dem Kremsmünsterer Landgericht der Sodomie beschuldigt worden waren, wurden<br />
dagegen hingerichtet. 255 178