Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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dere Rolle mehr, denn der gerichtliche Versuch, den Badergesellen ausfindig zu<br />
machen, blieb erfolglos. Von gerichtlicher Relevanz waren hingegen zwei<br />
Schlüssel, <strong>die</strong> bei der Durchsuchung der Inquisitin gefunden wurden. Magdalena<br />
Gallin erzählte im Laufe der Verhöre verschiedene Geschichten, wie sie in deren<br />
Besitz gekommen war. Zuerst wollte sie <strong>die</strong> Schlüssel als Unterpfand für das<br />
Heiratsansinnen eines Schlossers bekommen haben. Dann gab sie an, sie habe <strong>die</strong>se<br />
versehentlich eingesteckt, als sie beim Pregartner Marktrichter Branntwein getrunken<br />
habe. Schließlich sagte sie, sie habe einen der Schlüssel von einer Weberin in<br />
Zwettl genommen, um <strong>die</strong>se dazu zu bewegen, ihr ein Mieder zu verkaufen. Die<br />
Geschichten um <strong>die</strong> Schlüssel lösten eine Menge Schreibarbeit aus, anhand welcher<br />
sich <strong>die</strong> Kommunikation zwischen niederen und höheren Gerichten exemplarisch<br />
nachvollziehen lässt. Da sie mit Isaak Löbl und der Sodomiebeschuldigung nichts<br />
zu tun haben, sollen sie hier aber nicht weiter ausgebreitet werden.<br />
Drei Tage nach dem ersten Verhör fand am 10. September das zweite statt. Isaak<br />
Löbl wurde vom Landgerichtsverwalter und den Beisitzern in penibler Genauigkeit<br />
mit den Aussagen von Magdalena Gallin konfrontiert. Er gab zu, sie zuvor<br />
schon einmal in der Gaststube des Leonfeldener Sattlermeisters Johann Michael<br />
Wolfseher getroffen zu haben. Von Leonfelden seien sie gemeinsam nach Schenkenfelden<br />
gegangen. Als er ermahnt wurde, <strong>die</strong> Wahrheit zu sagen, ob er »von dem<br />
Menschen was unerbahres anbegehrt, oder vorgehabt« habe, antwortete er, wie es<br />
zunächst scheint, resignierend:<br />
»Nur mein Gebett lassen sie mich verrichten, ich hab noch kein bissen geessen und<br />
getrunken, ich will so nach gleich sterben, wie ich da steh mit Leib und Seel, wenn ich<br />
mit ihr was vorgehabt, was soll ich mit ihr <strong>Unkeusch</strong>heit treiben, ich sag es ja, ich will<br />
gleich sterben, wenn das ist«.<br />
Noch einmal ermahnt, wurden ihm schließlich <strong>die</strong> entsprechenden Aussagen von<br />
Magdalena Gallin vorgelesen. Neben der durch den Inhalt seiner Worte vermittelten<br />
Resignation läßt sich in seiner Reaktion auch der Kampf um Glaubwürdigkeit<br />
erkennen:<br />
»Ich bin vor Gericht und Obrigkeit, ich will sterben darauf, wann ich nur das mindeste<br />
ungebührliche von ihr verlanget, sterben will ich darauf, führen sie mich hinaus, was<br />
fragt ein solche Persohn darnach, wenn sie einen um das Leben bringt, aber ich will sterben<br />
darauf mit meinem Leib und Seel wie ich da bin«.<br />
Bei <strong>die</strong>sen Worten, so verrät ein Notabene, riss er sein Hemd auf, zeigte seine<br />
bloße Brust und wiederholte: »Sterben will ich darauf, wie ich da stehe«. 74 Er<br />
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