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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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annehmen«. Mit den Aussagen ihres Schwagers konfrontiert, entgegnete Magdalena<br />

Gallin im fünften Examen zum Teil ironisch: »Ja, sie schauen um mich um,<br />

wie ich um sie, ich bin nicht bei ihnen sondern in Spital gewesen«. Dort hielten<br />

sich – wie bereits erwähnt – ihre beiden jüngeren Geschwister auf, von denen allerdings<br />

keine Informationen eingeholt wurden.<br />

Die Zeugenaussage des Leonfeldener Sattlermeisters und Gastwirtes Johann Michael<br />

Wolfseher wurde bereits kurz erwähnt. Seine am 23. September in der Kanzlei<br />

der Grafschaft Waxenberg abgelegte Stellungnahme war in summarischer Form nach<br />

Freistadt geschickt worden. Er habe Magdalena Gallin vor drei oder vier Jahren an<br />

einem Kirtag das erste Mal in seiner Gaststube gesehen. Sie habe ein Bier getrunken<br />

und mit ihm über das »charessiren [schmeicheln, liebkosen] und Heyrathen zwischen<br />

einer Khristin, und Juden« diskutiert. Am folgenden Tag sei Magdalena<br />

Gallin wiedergekommen und kurz nach ihr ein jüdischer Hausierer, den der Wirt<br />

bereits kannte, weil <strong>die</strong>ser ihm einmal altes Messing abgekauft hatte. Der Jude habe<br />

sich Grießknödel gekocht und etwa zwei Halbe Bier getrunken, <strong>die</strong> Dienerstochter<br />

sei alleine gesessen und habe ungefähr drei Halbe Bier konsumiert. Sie hätten<br />

»beede miteinander iedoch garnicht vill geredet«, weshalb der Sattlermeister »eine<br />

vertrauliche Bekanntschaft zwischen beeden nicht abnehmen könne«. Die am selben<br />

Tag aufgenommene eidliche Aussage von Magdalena Wolfseherin, der Frau des<br />

Sattlers, ist in artikulierter Form überliefert. Sie wusste sich zu erinnern, dass am<br />

Tag nach dem Kirtag »ein Jud eingetrofen, und hat sich einige Grieß-Knödl gekocht,<br />

welcher dem Weibsbild auf ihr Anverlangen 2 Knödl gegeben, wofür sie dem<br />

Juden für jedes 1 Xr angebothen«. Ob Magdalena Gallin aber tatsächlich bezahlte,<br />

konnte sie nicht sagen. Wichtig war wieder <strong>die</strong> Frage der Übernachtung: Magdalena<br />

Gallin habe »in der Stuben liegen wollen, und vermeldet, daß es auf den boden<br />

gar kalt seye«. Außerdem komme ihr vor, »als wenn sie nicht recht geschaid wäre«.<br />

Die ebenfalls einvernommene Anna Maria Vetterin, Wirtin auf der Schanz, <strong>die</strong><br />

Magdalena Gallin angeblich von einer Frau erzählte, <strong>die</strong> mehrere Kinder von verschiedenen<br />

Juden habe, erinnerte sich gut an Magdalena Gallin. Diese habe ab und<br />

zu Wein im Gasthaus getrunken. Aber sie habe niemals mit ihr über besagte Frau<br />

gesprochen:<br />

»Das weiß mein Gott, ich habe in meinem Leben von was solchem mit ihr nichts geredet,<br />

ich wuste auch nicht, was <strong>die</strong>ses für ein Weibsbild seyn solle, noch weniger selbe zu<br />

benennen, und hab auch von den ganzen Schanzer Leüthen nichts gehört, daß ein<br />

Weibsbild mit einem Juden Kinder solle erzeüget haben«.<br />

Auch dass sich <strong>die</strong> Dienerstochter acht Tage lang zum Spinnen bei ihr aufgehalten<br />

habe, verneinte sie energisch: »Mein Gott! Das ist nicht wahr, ich hätte ein<br />

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