02.11.2013 Aufrufe

Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

mit der »landesfürstlichen Milde« in Konflikt. Dies zeigt sich nicht zuletzt in den<br />

»geheimen Anmerkungen« zur Theresiana, <strong>die</strong> ausschließlich an <strong>die</strong> Malefiz-<br />

Gerichtsbehörden adressiert waren.<br />

»Es ist eine allkündige Sache, wienach <strong>die</strong> angestammte Milde Unseres huldreichesten<br />

Hauses Oesterreich nicht gestatte, daß Straffen, woraus zu Nachtheil des ewigen<br />

Seelenheils Verzweiflung entstehen könnte (als da ist das lebendige Verbrennen, dann das<br />

Radbrechen von unten hinauf) schlechterdings sollten zum Vollzug gebracht werden«<br />

(Theresiana, Geheime Anmerkungen:2).<br />

Doch <strong>die</strong> als Familieneigenschaft charakterisierte »Milde« sollte <strong>die</strong> abschreckende<br />

Wirkung einer strengen Verurteilung nicht zerstören:<br />

»Gleichwie Wir bedenklich gefunden, von <strong>die</strong>ser Unser Landesfürstlichen Milde in dem<br />

Gesetz eine Anerwehnung zu machen, sondern zu Eindruck mehreren Abscheues in dem<br />

Text <strong>die</strong> Schärffe der Gesetzen beybehalten haben, damit durch Kundwerdung der<br />

Linderungsmitteln, bey der Verhängung der lebendigen Verbrennung, und des<br />

Radbrechens von untenhinauf abgezielt-allgemeine Schrecken nicht verminderet werde,<br />

so wollen Wir aus eben <strong>die</strong>ser Ursache, daß ein auf das lebendige Verbrennen, oder<br />

Radbrechen von untenhinauf von Rechtswegen ausfallendes Urtheil den Missethätern<br />

allemal der Ordnung nach angekündet, und publiciret, somit <strong>die</strong> erfolgende<br />

Straffmilderung denenselben niemalen kundgemachet werden solle« (Theresiana,<br />

Geheime Anmerkungen:2).<br />

Der Abschreckungsgedanke hat hier eindeutig Priorität, denn <strong>die</strong> dem Inquisiten<br />

zu früh bekannt gegebene Begnadigung würde den Effekt des »inszenierten<br />

Tötens« (Martschukat 2000) gefährden. Zwar solle den »reumütigen und bußfertigen<br />

Sündern [...] zu Vermeidung der Verzweiflung« eine Milderung der Strafe<br />

zugestanden, doch müsse ihnen <strong>die</strong>se Gnade bis zum Moment der Hinrichtung verheimlicht<br />

werden. Die Instruktionen, wie <strong>die</strong> Strafe im Falle einer Verbrennung zu<br />

»mildern« sei, ähneln – gewiss kein Zufall – den bereits angeführten Hofresolutionen<br />

Leopolds I. und Karls VI.:<br />

»Unsere höchste Gnade, <strong>die</strong> Wir in <strong>die</strong>sen beyden Straffarten den reumüthigen Sündern<br />

ertheilen, bestehet überhaupt in dem, damit zu Verhütung der Verzweiflung ihnen der Tod<br />

schleunig beförderet werde. Diese Todesbeförderung in Ansehen des lebendigen Feuers<br />

hat mittelst Anbindung eines Pulversacks auf das Herz, und vorläuffiger Erdroßlung des<br />

armen Sünders zu beschehen, und ist von Obergerichtswegen das nachgesetzte<br />

Halsgericht, und durch <strong>die</strong>ses auch der gebrauchende Scharffrichter, oder Freymann<br />

73

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!