Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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hirdurch in Verdacht gehabt, Er möchte eine Khue angangen haben«. Daraufhin<br />
wurde Georg Doppelhammer im Dorf als »Khue Jodl« beschimpft. Die Eheleute<br />
vertrugen sich dann wieder und allmählich »haben <strong>die</strong> Reden bey denen leuthen<br />
auch <strong>wider</strong> aufgehört«. In Erinnerung gerufen wurde der Vorfall nach der<br />
Verhaftung Peter Reintls wegen Inzests. Im Dorf war man sich einig, »der Khue<br />
Jodl« hätte eine Verhaftung noch mehr ver<strong>die</strong>nt. 228<br />
Die Erinnerung an den Inhalt eines lautstarken Streits und das durch <strong>die</strong><br />
Verhaftung eines »Blutschänders« erneut aufkommende Gerede brachten Georg<br />
Doppelhammer vor Gericht. Im dörflichen Gerede wurde der Sodomievorwurf als<br />
Vergleichsmaßstab für <strong>die</strong> Bewertung einer anderen sexuellen Sünde herangezogen.<br />
Wenn schon Peter Reintl wegen des Verdachts der »Blutschande« verhaftet<br />
worden war, dann müsse erst recht Georg Doppelhammer wegen des Verdachts der<br />
Sodomie verhaftet werden, so der Grundtenor. Der vernehmende Landgerichtsverwalter<br />
Johann Kranewiter wunderte sich darüber, dass weder Georg Doppelhammer<br />
noch seine Ehefrau Eva etwas gegen das im Dorf kursierende Gerücht und<br />
gegen den daraufhin verbreiteten Schimpfnamen »Kuh Jodl« unternommen hatten.<br />
Er fragte den Inquisiten, »Weillen <strong>die</strong> leuth offters stutz ohne scheuch geredt, daß<br />
er mit der Khue daß abscheuliche Laster begangen haben solle, warumben er solches<br />
niemallen geandtet, oder wegen <strong>die</strong>ser zuegemuethen Schande eine Clag<br />
angebracht« habe. 229<br />
Georg Doppelhammer entgegnete, dass er davon nichts gehört habe, »sonsten<br />
hette er solches nit so gelten lassen«. Eva Doppelhammerin meinte, dass erst seit<br />
kurzer Zeit wieder über den Vorfall im Stall geredet werde, ihr Mann und sie deshalb<br />
noch gar nicht daran gedacht hätten, eine Beleidigungsklage einzureichen. 230<br />
Drei vor das Freistädter Landgericht zitierte Zeugen sagten übereinstimmend aus,<br />
dass Eva Doppelhammerin ihren Mann Georg »bey einer Kuh ertapet« und ihn<br />
daraufhin lautstark beschimpft habe. Allerdings wollte keiner von ihnen direkter<br />
Ohrenzeuge des Streits im Stall gewesen sein. Alle drei »Zeugen« beriefen sich auf<br />
Dritte, von denen sie über den in der ehelichen Auseinandersetzung zur Sprache<br />
gebrachten Sodomieversuch erfahren haben wollten. Außerdem korrigierten sie <strong>die</strong><br />
zeitliche Einschätzung des Gerichts<strong>die</strong>ners dahingehend, dass <strong>die</strong>s vor fünf oder<br />
sechs Jahren gewesen sein müsse. 231 Eigentlicher Gegenstand der häufigen und heftigen<br />
ehelichen Konflikte, so erfahren wir aus den Verhören, seien <strong>die</strong> aus der ersten<br />
Ehe von Georg Doppelhammer stammenden Kinder Maria und Peter gewesen.<br />
Als <strong>die</strong>se schließlich in »andere Dienste« gegangen seien, hätte sich das eheliche<br />
Zusammenleben friedlicher gestaltet. 232 Aus der Perspektive des ehelichen Streits<br />
erklärte Georg Doppelhammer <strong>die</strong> angeblich versuchte Sodomie im Kuhstall zu<br />
einem von Zorn getragenen Missverständnis:<br />
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