Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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von ihnen bestellten Verwalter – über keinerlei juristische Bildung (Feigl<br />
1978:48f). Auch verfügten nicht alle Landgerichtsinhaber über Acht und Bann,<br />
ohne <strong>die</strong> ihnen richterliche Tätigkeiten untersagt waren. Der Bannrichter bekam<br />
zwar seine Besoldung nach festgelegten Beitragssätzen von den Landgerichtsinhabern,<br />
ernannt wurde er aber vom Landesfürsten. Auch <strong>die</strong> Vollstreckung von<br />
Leibes- und Lebensstrafen unterlag in der Regel landesfürstlich bestellten<br />
Scharfrichtern (Baltl/Kocher 1997:98-100). Trotz <strong>die</strong>ser frühen Zentralisierungsbestrebungen<br />
mussten <strong>die</strong> Landgerichte weiterhin ermahnt werden, ihre Kompetenzen<br />
nicht zu überschreiten.<br />
In Österreich ob der Enns erstellten <strong>die</strong> Landstände nach Absprache mit Ferdinand<br />
I. einen Entwurf für ein Strafgesetz, aus dem 1559 <strong>die</strong> Landgerichtsordnung<br />
Ferdinands I. hervorging (LGO OÖ 1559). In ihrem Aufbau zeigt <strong>die</strong>se<br />
Landgerichtsordnung keine Ähnlichkeit mit der in weiten Teilen des Heiligen<br />
Römischen Reichs gültigen Peinlichen Gerichtsordnung Karls V. von 1532, der<br />
sogenannten Carolina. In ihrer Struktur beeinflusst wurde sie vielmehr von den<br />
unterennsischen Landgerichtsordnungen von 1514 und 1540. Einzelne strafbare<br />
Handlungen werden aufgezählt, ohne jedoch ein bestimmtes Strafmaß anzudrohen<br />
oder auch nur ein Delikt genauer zu beschreiben. Von der unterennsischen Landgerichtsordnung<br />
unterscheidet sie sich durch <strong>die</strong> explizite Anführung der landesfürstlichen<br />
Justizhoheit bei den als crimen laesae maiestatis konstruierten Delikten<br />
wie Landesverrat, Konspiration, Attentat, Eidesbruch gegenüber dem Landesherrn,<br />
Landfriedensbruch, Münzfälschung oder Straßenraub. Ein weiterer Unterschied zu<br />
den unterennsischen Landgerichtsordnungen bestand in der Miteinschließung policeylicher<br />
Angelegenheiten (LGO OÖ 1559:fol.21v-22v). 1627 wurde <strong>die</strong><br />
Landgerichtsordnung Ferdinands I. erneut publiziert (LGO OÖ 1627). Der<br />
Landesfürst behielt sich explizit vor, <strong>die</strong> Landgerichtsordnung nach seinem (und<br />
seiner Berater) Ermessen zu verändern, räumte aber den Ständen zumindest das<br />
Recht ein, ihm Vorschläge für etwaige Veränderungen zu unterbreiten (Hellbling<br />
1996:9; Hoegel 1904:42).<br />
Wie konzipierten <strong>die</strong> unter- und obderennsischen Landgerichtsordnungen den<br />
Tatbestand der »<strong>Unkeusch</strong>heit <strong>wider</strong> <strong>die</strong> <strong>Natur</strong>«? »Die unterennsischen Landgerichtsordnungen<br />
von 1514 und 1540 führen <strong>die</strong>ses Delikt unter den landgerichtsmäßigen<br />
Fällen an, beschränken sich aber auf <strong>die</strong> Unzucht mit Tieren und zwischen<br />
Männern, während <strong>die</strong> Unzucht zwischen Frauen nicht genannt wird«<br />
(Hellbling 1996:124). In den obderennsischen Landgerichtsordnungen von 1559<br />
und 1627 findet <strong>die</strong> »<strong>wider</strong>natürliche <strong>Unkeusch</strong>heit« ebenfalls nur als Sex mit<br />
Tieren oder zwischen Männern Erwähnung. Die unterennsischen Landgerichtsordnungen,<br />
<strong>die</strong> wie gesagt nicht zwischen crimen laesae maiestatis und anderen<br />
Malefizverbrechen trennten, führen <strong>die</strong> »<strong>wider</strong>natürliche Unzucht mit einem Vieh<br />
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