Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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egrenzt. Welche sexuellen Praktiken sind in der Frühen Neuzeit mit »Sodomie«<br />
gemeint?<br />
»Sodomie umschreibt zum einen eine Anzahl illegitimer, nicht-prokreativer Sexualakte<br />
wie z.B. Masturbation, Bestialität oder heterosexuellen Analverkehr (<strong>die</strong> Liste ist, je<br />
nachdem auf welche Definition man rekurriert, nicht abschließbar), zum anderen ist mit<br />
Sodomie primär <strong>die</strong>jenige Form sexuellen Verkehrs konnotiert, <strong>die</strong> im Begriffsraster der<br />
Moderne mit Homosexualität bezeichnet wird« (Puff 1999:264f).<br />
Der Großteil der vorliegenden Stu<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> »Sodomie«, »Sodomiter«, »Sodom«<br />
u.ä. im Titel tragen, untersucht Praktiken und Diskurse, <strong>die</strong> dem zweiten Teil <strong>die</strong>ser<br />
Definition von Helmut Puff entsprechen. Das Augenmerk gilt der strafrechtlichen<br />
Verfolgung gleichgeschlechtlicher Praktiken zwischen Männern und dem<br />
theologisch-philosophischen sowie medizinisch-naturwissenschaftlichen Diskurs,<br />
der <strong>die</strong> Verteufelung, Kriminalisierung und Pathologisierung von gleichgeschlechtlichen<br />
Beziehungen ermöglichte (vgl. Jordan 1999; Gerard/Hekma 1989;<br />
Hergemöller 1994, 1998a u. 1998b). Weniger untersucht sind gleichgeschlechtliche<br />
Beziehungen zwischen Frauen. Zur tierisch-menschlichen Sexualität (Bestialität)<br />
liegen nur ganz wenige Arbeiten vor. Heterosexuelle Sodomie und<br />
Nekrophilie sind ebenfalls nur sehr selten Themen der historischen Forschung.<br />
Dies erstaunt umso mehr, als gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />
nicht nur <strong>die</strong> wissenschaftliche, d.h. meist <strong>die</strong> medizinische oder pädagogische<br />
Auseinandersetzung mit der Onanie explo<strong>die</strong>rte, sondern zeitgleich auch<br />
andere sexuelle Devianzen wie Nymphomanie und Inzest kontroversiell diskutiert<br />
wurden (Wernz 1993:82-97).<br />
In Forschungen zum frühneuzeitlichen Österreich wird Sodomie – verstanden im<br />
weitesten Sinne – zwar gelegentlich im Rahmen regional- und kriminalitätsgeschichtlicher<br />
Arbeiten thematisiert oder findet in rechtshistorischen Stu<strong>die</strong>n<br />
Erwähnung, doch gibt es keine österreichbezogenen historischen Forschungen, <strong>die</strong><br />
dem Thema in kritischer Weise größere Beachtung schenken. So führt etwa<br />
Thomas Aigner in seiner Dissertation den Vorwurf der Sodomie (im Sinne von<br />
gleichgeschlechtlicher Sexualität) gegen den Mariazeller Abt an (Aigner<br />
1997:142-164); Andrea Griesebner erwähnt einen Fall von Sodomie (im Sinne von<br />
Bestialität) in ihrer Stu<strong>die</strong> zum Landgericht Perchtoldsdorf (Griesebner<br />
2000a:253-263); Doris Ebner-Wanker berichtet in ihrer kriminalitätshistorischen<br />
Dissertation kurz über vier Sodomieprozesse, <strong>die</strong> während des 17. und 18. Jahrhunderts<br />
im Landgerichtsbezirk Judenburg geführt wurden (Ebner-Wanker<br />
1998:381-383); Elke Maria Hammer widmet der Sodomie einen kurzen Abschnitt<br />
in ihrer Diplomarbeit über »Kriminalität und Unzucht im Mürztal« (Hammer<br />
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