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Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

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<strong>die</strong> Anschuldigung der Sodomie erhoben, ausschließlich gegen gleichgeschlechtliche<br />

Sexualität (zwischen Männern) vorgegangen sein? Genauso wenig sollten wir<br />

unreflektiert <strong>die</strong> heute landläufige Bedeutung des Begriffs Sodomie (im Sinne von<br />

»Zoophilie«) in <strong>die</strong> Frühe Neuzeit transportieren. Sodomia war im Mittelalter und<br />

in der Frühen Neuzeit ein Sammelbegriff für verschiedene sexuelle Devianzen.<br />

1.2. Quellen<br />

Für das Erzherzogtum Österreich bedeuten vor allem der Verlust und <strong>die</strong><br />

Verstreuung von wichtigen Quellenbeständen ein Problem. Regional unterschiedliche<br />

Archivierungs- und Skartierungspraktiken, planmäßige Aktenvernichtungen<br />

und unvorhergesehene Archivzerstörungen durch Brände und Hochwasser sowie<br />

natürlicher Substanzverlust durch Schimmelpilze und andere Schädlinge bewirkten<br />

eine Reduktion der archivalischen Überlieferungen. Akten gingen auch verloren,<br />

weil <strong>die</strong> bearbeitenden Beamten sie bis ins 19. Jahrhundert zu Hause verwahrten<br />

und bei ihrer Pensionierung nicht daran dachten, <strong>die</strong> Archivalien an ihre<br />

Nachfolger zu übergeben (Goldinger 1957:15). In den Archivbeständen der Wiener<br />

Stadtverwaltung wurden bereits seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert Skartierungen<br />

vorgenommen, um mit dem durch <strong>die</strong> Magistratsreform Josephs II. angewachsenen<br />

Aktenbestand zurecht zu kommen. Neben vielen anderen<br />

Aufzeichnungen wurden auch Kriminalakten in den Wienfluss gekippt (Csendes<br />

1991:9f; Opll 1994:13f). Im Niederösterreichischen Landesarchiv wurden in den<br />

Jahren 1880 und 1881 umfangreiche Skartierungen vorgenommen, um dem<br />

Platzmangel entgegen zu wirken (NÖLA-Homepage). Die verschiedenen Abteilungen<br />

des Österreichischen Staatsarchivs (Archiv der Republik, Allgemeines<br />

Verwaltungsarchiv, Finanz- und Hofkammerarchiv, Kriegsarchiv, Haus-, Hof- und<br />

Staatsarchiv) bewahren nur noch wenige Schriftstücke zu frühneuzeitlichen<br />

Malefizprozessen auf. Ein guter Teil der kriminalitätshistorisch interessanten<br />

Akten und Handschriften des Raumes Wien und Niederösterreich verbrannte über<strong>die</strong>s<br />

1927 im Justizpalast.<br />

Die regional recht unterschiedliche Überlieferungssituation hat auch mit der<br />

Ablieferungspraxis nach 1848 zu tun. 10 Die Mitte des 19. Jahrhunderts geschaffenen<br />

Zentralarchive forderten vor allem ökonomisch relevante Quellen wie Grundbücher<br />

und Steuerregister von den ehemaligen Grundherrschaften. Die Aufbewahrung<br />

von Kriminalgerichtsakten zählte nicht zu den vordringlichen Aufgaben der<br />

Landesarchive. Auch wenn heute der Erwerb und <strong>die</strong> Erschließung von Herrschaftsarchiven<br />

durchaus im Interesse der Archive liegen, so sind <strong>die</strong>se Bestände<br />

für HistorikerInnen meist erst dann greifbar, wenn sie durchgesehen und systema-<br />

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