Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur
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verbrannt werden. Allein <strong>die</strong> Absicht und <strong>die</strong> Vorbereitung einer sodomitischen<br />
Handlung müsse mit Härte bestraft werden:<br />
»Weiter so ist in <strong>die</strong>ser gantz grausamen verwirckung nicht von nöten, daß <strong>die</strong> That vollbracht,<br />
sondern ist genugsam zur Straffe, daß der Will vnd vorhaben, der wircklichen<br />
That am nähesten seye, also daß der Vbelthäter <strong>die</strong> Mißhandlung verricht gehabt, wann<br />
er gekönnt, oder keine hinderniß were darzwischen kommen« (Damhouder 1581:162).<br />
Noch häufiger und weit bis ins 18. Jahrhundert hinein zitierten unter- und obderennsische<br />
Rechtgelehrte Benedict Carpzov (1595-1666). Carpzovs berühmtes<br />
Handbuch, <strong>die</strong> 1635 veröffentlichte und immer wieder neu aufgelegte Practica<br />
nova rerum criminalium imperialis saxonica ist durch umfangreiche Zitate europäischer<br />
Rechtsgelehrter geprägt. Carpzov zitiert überwiegend italienische<br />
Autoren wie Julius Clarus (1525-1575), Tiberius Decianus (1509-1582) und<br />
Prosper Farinacius (1554-1618), aber auch <strong>die</strong> führenden französischen, spanischen<br />
und niederländischen Juristen. Er nennt zum Beispiel im Zusammenhang<br />
mit dem Delikt Sodomie <strong>die</strong> Franzosen Andreas Tiraquellus (ca. 1480-1558) und<br />
Guidó Papa (gest. 1464), den Spanier Antonio Gomez (16. Jahrhundert) und den<br />
Niederländer Jodocus Damhouder (1507-1581). 36 Stilistisch ist <strong>die</strong> Practica nova<br />
keine Neuheit. Carpzov lehnt sich an seinen direkten Vorgänger am Leipziger<br />
Schöffenstuhl Matthias Berlich(ius) (1586-1638) sowie an Petrus Theodoricus<br />
(1580-1640) aus Jena an. In der Practica nova verschmilzt <strong>die</strong> sächsische<br />
Rechtspraxis, <strong>die</strong> Benedict Carpzov am Leipziger Schöffenstuhl miterlebte und<br />
mitgestaltete, mit dem europäischen Wissenschaftsrecht. Für den Carpzov-Kenner<br />
Friedrich Schaffstein hat sie daher den »Rang eines Kompendiums des damals<br />
bestehenden europäischen Strafrechts« (Schaffstein 2000:24). Schwierig gestaltet<br />
sich <strong>die</strong> Lektüre vor allem durch zahlreiche Kurzzitate verschiedener Rechtsgelehrter<br />
und ihrer Werke. Diesem für heutige und nicht juristisch (aus)gebildete<br />
RezipientInnen etwas anstrengenden Bestreben, <strong>die</strong> eigene Belesenheit zu dokumentieren,<br />
sollten viele juristische Werke anderer Autoren in ähnlichem Stil und<br />
mit ähnlicher Zielsetzung folgen.<br />
Ein Kommentator der Carolina, auf den in Rechtsgutachten manchmal verwiesen<br />
wurde und der seinerseits Benedict Carpzov häufig zitierte, war Christoph<br />
Blumblacher (1624-1674) (Putzer 1987:46-49). Blumblacher war ordentlicher<br />
Professor der Rechte an der Universität Salzburg. Sein Commentarius wurde im<br />
Zeitraum von 1670 bis 1752 insgesamt sieben Mal publiziert. Dennoch findet er im<br />
1715 erstellten europäischen Gelehrtenlexikon, das viele Juristen des 16. und 17.<br />
Jahrhunderts nennt, keine Erwähnung. In der dritten Auflage <strong>die</strong>ses Lexikons von<br />
1733 wird er als »Blumbacher [sic!] (Christoph Andreas) ein saltzburgischer Rath<br />
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