Susanne Hehenberger / Unkeusch wider die Natur

ten Überlieferungen, zumal wenn ausschließlich eine Rechnung oder ein kurzer
Protokollbucheintrag Auskunft über einen Malefizprozess geben, kann leicht der
Eindruck entstehen, dass lediglich ein Delikt, nämlich Sodomie, verfolgt wurde.
Werfen wir einen Blick auf die ausgesprochenen Todesurteile und die nachweislichen
Vollstreckungen, so kann der Vollzug eines Todesurteils durch die Auflistung
der Exekutionskosten in Rechnungen, aber auch durch Aktennotizen oder
kurze Einträge in Gerichtsprotokollbüchern belegt werden. In allen Sodomieprozessen
des 16. Jahrhunderts wurden Todesurteile gefällt, sechs Mal wurden sie
nachweislich vollstreckt, in einem Fall ist bloß das Urteil überliefert. In den 22
Prozessen des 17. Jahrhunderts gab es sechzehn Todesurteile, welche dreizehn Mal
nachweislich auch vollstreckt wurden. Die 24 Sodomieprozesse des 18. Jahrhunderts
endeten nur in zwei Fällen mit einem Todesurteil, das ein Mal nachweislich
vollstreckt wurde. 218
Auf den ersten Blick scheint diese Grafik ein Beleg für zunehmende Milde der
Strafjustiz im 18. Jahrhundert zu sein, doch auch hier ist Vorsicht geboten. Für ca.
ein Drittel der Prozesse aus dem 18. Jahrhundert (9 von 24) liegt weder ein Urteil
noch ein Beleg für den Strafvollzug vor.
Wenn wir danach fragen, welche Strafen im 16., 17. und 18. Jahrhundert für
Sodomie bzw. für Sodomie und andere Delikte im Raum Österreich ob und unter
der Enns verhängt wurden, so zeigt sich insofern eine große Disparität, als zum
einen die konkreten Anschuldigungen divergieren und zum anderen die verhäng-
165