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„Blick zurück und nach vorn“ (2013)

Kongressband Dreiländerkongress 2013 in Bielefeld

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letzten Jahrzehnten deutliche Belastungslinderungen bezüglich Lärm, Arbeitsplatzgestaltung,<br />

besserer Schichtmodelle usw. gegeben hat.<br />

Noch gewichtiger ist das Argument, dass ein Anstieg der Depression mit<br />

einer erhöhten Suizidrate einhergehen müsste. Dies ist aber nicht der Fall.<br />

Tatsächlich hat sich die Anzahl der Suizide in Deutschland in den letzten 30<br />

Jahren fast halbiert. Dies spricht dafür, dass Depressionen <strong>und</strong> andere psychische<br />

Erkrankungen heute besser diagnostiziert <strong>und</strong> behandelt werden<br />

[5].<br />

Weiter ist zu kritisieren, dass viele Studien, die das Auftreten von psychischen<br />

Erkrankungen in einen Zusammenhang mit einer misslichen Arbeitssituation<br />

stellen, Querschnittstudien sind. Solche Korrelationsstudien lassen<br />

sich durchaus auch anders interpretieren. Denn Menschen mit depressiven<br />

Verstimmungen beurteilen ihre Situation <strong>und</strong> Umgebung kritischer <strong>und</strong><br />

negativer als Ges<strong>und</strong>e. Dann wären nicht ungünstige Arbeitsbedingungen<br />

Ursache der Erkrankung, sondern diese Ursache für die kritischen Bewertungen.<br />

Auch könnte die Attribuierung psychischer Erkrankungen auf die Arbeitsbedingungen<br />

einer veränderten Aufmerksamkeitsfokussierung geschuldet sein.<br />

Wenn beispielsweise ein Mensch aufgr<strong>und</strong> eines Jobangebotes sein vertrautes<br />

soziales Umfeld verlässt <strong>und</strong> <strong>nach</strong> einiger Zeit wegen beruflicher Überanstrengung<br />

einen Burnout erleidet, kann dies bei näherer Betrachtung<br />

auch andere Ursachen haben. Das fehlende soziale Umfeld hat zu Mehrarbeit<br />

animiert <strong>und</strong> diese hat wiederum den Aufbau eines sozialen Netzes<br />

verhindert. Einsamkeit wäre dann eine ebenso plausible Erklärung für eine<br />

psychische Verstimmung.<br />

Abschließend ist auch die Verbindung psychischer Erkrankungen mit dem<br />

„Informationsoverload“ unserer Zeit umstritten. Denn dieser Vorwurf begleitet<br />

den Fortschritt seit Erfindung von Telefon <strong>und</strong> Radio.<br />

Aber es gibt auch Gründe, tatsächlich von einem Anstieg psychischer Erkrankungen<br />

wie der Depression auszugehen. Folgende Beobachtungen <strong>und</strong><br />

Entwicklungen kann man in diesem Zusammenhang anführen:<br />

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