„Blick zurück und nach vorn“ (2013)

73. Adherenceförderung in der ambulanten psychiatrischen
Versorgung
Florian Walter
Hintergrund
„Da sind Medikamente dabei, die für den Kreislauf wahnsinnig wichtig sind,
zum Beispiel. „...“ Dann bin ich, dann bin ich bei Fr. XY schon über Grenzen
gegangen und die hatte die dann im Joghurt, ja.“
Diese Aussage einer jungen Pflegefachkraft zum Thema „Adherenceförderung
in der ambulanten psychiatrischen Versorgung“ steht stellvertretend
für die Überforderung von Pflegepersonal, deren psychiatrische Patienten
Medikamenteneinnahmen oder andere Pflegeleistungen in der Häuslichkeit
ablehnen. Sie verdeutlicht einen Konflikt, der in dieser speziellen Versorgungsform
auf Grund der strukturellen und personellen Gegebenheiten
noch stärker als im stationären Setting zum Tragen zu kommen scheint.
Dass suboptimale Therapietreue durchaus ein Problem darstellt, wird deutlich,
wenn man die dadurch entstehenden Kosten betrachtet. Jährlich entstehen
unter anderem auf Grund von häufigen Wiederaufnahmen in stationäre
Einrichtungen Kosten von zehn Milliarden Euro [1].
Es wird erwartet, dass psychiatrische Erkrankungen in Zukunft einen noch
größeren Stellenwert einnehmen werden als bisher. 2006 lagen sie erstmalig
auf Platz zwei in der Liste der verlorenen Erwerbstätigkeitsjahre [2].
Es ist erkennbar, dass der optimalen Versorgung psychiatrisch Erkrankter in
Zukunft noch größere Aufmerksamkeit beigemessen werden muss, um nicht
nur wirtschaftliche Schäden zu begrenzen, sondern auch um die Arbeitsbelastung
der Pflegekräfte zu reduzieren. Bisher jedoch wird in der pflegewissenschaftlichen
Forschung der Versorgung in der Häuslichkeit in Bezug auf
Adherence nur unzureichend Beachtung geschenkt.
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