„Blick zurück und nach vorn“ (2013)

62. Als die Worte wecken lernten
Lars Ruppel
Weckworte entstehen
Der Ursprung des Deutschen Alzheimer Poesie Projekts „Weckworte“ liegt
im Poetry Slam. Dabei treten Dichter mit ihren selbstgeschriebenen Gedichten
in einem freundschaftlichen Wettbewerb gegeneinander an. Die Herausforderung
für den Vortragenden liegt darin, das Publikum, das die Vorträge
bewertet, innerhalb eines Zeitlimits von ungefähr fünf Minuten zu überzeugen.
Dadurch entstand bei vielen der sogenannten „Slam Poeten“ über viele
Jahre eine eigene, sehr intensive Vortragskultur, die schließlich als Grundlage
für „Weckworte“ dienen sollte.
„Jenes bedrängt, dieses erfrischt“ – Die richtige Textwahl
Das Weckworte Projekt setzt sich besonders dafür ein, den Betroffenen
einen Zugang zu möglichst vielen verschiedenen Gedichten zu bieten. Häufig
werden immer wieder jene Gedichte vorgetragen, die die Betroffenen wiedererkennen
oder mitsprechen können.
Der kulturelle Anspruch der Pflege sollte jedoch sein, Menschen im hohen
Alter neue, ihnen unbekannte Gedichte zu zeigen. Zwar sind die Reaktionen
bei Gedichten im Allgemeinen und unbekannten Gedichten im Besonderen
oft nicht so lauthals wie bei Volksliedern, doch gehört zum Grundrecht eines
Menschen, zu jeder Zeit des Lebens neue Erfahrungen im kulturellen Bereich
machen zu dürfen.
Folglich kommt jedes Gedicht in Frage. Dem Vortragenden muss aber bewusst
sein, dass er seine Zuhörer überfordern, langweilen oder gar frustrieren
kann. Durch einige Modifikationen können jedoch auch scheinbar ungeeignete
Texte zum Vortrag gebracht werden.
283