03.03.2013 Aufrufe

Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...

Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...

Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

108<br />

Aber strittig ist nicht nur die Frage, in welchem Ausmaß selbständige Migrant(inn)en von co-ethnischen<br />

Kunden- und Geschäftsbeziehungen abhängig sind, sondern auch die Frage nach den Implikationen <strong>für</strong> die<br />

soziale Integration. Zumindest <strong>für</strong> die erste Phase nach der Zuwanderung können ethnische Unternehmen und<br />

die sie umgebenden sozialen Netzwerke als hilfreiche „Durchgangsstationen“ <strong>für</strong> Neuankömmlinge dienen,<br />

um sie schrittweise auf die Anforderungen der Mehrheitsgesellschaft vorzubereiten. 93 In der Regel jedoch wird<br />

ethnischen Nischenunternehmen – soz. umgekehrt – eher eine destabilisierende und daher segregierende<br />

Wirkung zugeschrieben, da sie die Gefahr einer ökonomischen Marginalisierung verstärken. Diese Gefahr wird,<br />

wie bereits beschrieben, vor allem bei ethnischen Ökonomien gesehen. 94<br />

Die Integrationschancen sind mithin eine Frage der sozialen Aufstiegsmöglichkeit und daher des wirtschaftlichen<br />

Erfolgs. Auch mit Blick auf die Situation in Deutschland wird bezweifelt, dass es sich bei ethnischen<br />

Nischen (soweit es diese überhaupt in relevantem Ausmaß gibt) um geschützte Märkte und rentable Segmente<br />

handelt, da bspw. die Zahl türkischer Betriebe und Konkurrenten ungleich stärker als das Nachfragepotenzial<br />

in der türkischen Bevölkerung wächst. 95 Daher kann sich das Verharren in ethnischen Nischen, soweit dies der<br />

Fall ist, und die damit verbundene Abhängigkeit auch als Sackgasse statt als Möglichkeit zum sozialen Aufstieg<br />

erweisen („dead-end-thesis“). 96 Einigkeit scheint darin zu bestehen, dass ethnisches Unternehmertum nur<br />

dann Zukunfts- und Wachstumsfähigkeit besitzt, wenn es den Akteuren gelingt, auf den von einheimischen<br />

Kunden bestimmten Märkten Boden zu gewinnen.<br />

Orientierung an Kunden der gleichen ethnischen Herkunft<br />

Somit stellt sich die Frage, welche Kundenbeziehungen die selbständigen Migrantinnen und Migranten in<br />

Nordrhein-Westfalen aufweisen bzw. wie hoch jeweils der Anteil an Landsleuten unter den Kunden ist (Tabelle<br />

9.3.1). Zunächst ist festzustellen, dass nur wenige Unternehmerinnen überwiegend auf Kunden gleicher Herkunft<br />

angewiesen sind (oder auch darauf setzen). Betrachtet man diejenigen <strong>Selbständig</strong>en, in deren Kundenstamm<br />

sich überhaupt keine Landsleute befinden, dann machen diese unter den polnisch- und italienischstämmigen<br />

Frauen etwa ein Viertel und bei den türkischstämmigen Unternehmerinnen lediglich 14% aus.<br />

Von eigentlichem Interesse sind jedoch eher die Unternehmerinnen auf der „anderen Seite“ des Spektrums,<br />

d.h., diejenigen, die in ihren Läden, Gaststätten, Büros und Praxen etc. mehrheitlich Landsleute bedienen. Dies<br />

ist bei den türkischstämmigen Frauen lediglich bei 11% der Fall, was möglicherweise mit Blick auf die zuvor beschriebene<br />

Debatte überrascht (zumal dieser Anteil bei den Männern auch nicht höher liegt). D.h., selbst in der<br />

häufig <strong>für</strong> ethnische Nischenökonomien exemplarisch herangezogenen Gruppe der Unternehmer/innen türkischer<br />

Herkunft finden sich relativ wenige Betriebe, die vorrangig türkische Kunden haben. Dieser Anteil liegt<br />

(bleibt man bei den weiblichen <strong>Selbständig</strong>en) etwas höher als bei den polnischstämmigen <strong>Selbständig</strong>en. Die<br />

italienischen Unternehmerinnen haben einen äußerst geringen Anteil an italienischen Kunden.<br />

93 Bonacich 1973; Heckmann 1981; Reimann 2006.<br />

94 Bates 1987; Barret/ Mc Evoy 1996. Für Deutschland: Bukow 1993; Esser 2003.<br />

95 Ähnliches wie Pütz (2000) in Frankfurt beobachtet; zeigen Leicht et al. (2005b) auch <strong>für</strong> Mannheim auf.<br />

96 Aldrich et al. 1984, Kloosterman et al. 1999.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!