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Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...

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Binnenethnische Geschäftsbeziehungen innerhalb Deutschlands besitzen <strong>für</strong> die männlichen Unternehmensinhaber<br />

etwas mehr Relevanz als <strong>für</strong> Frauen. Ohnehin werden den selbständigen Frauen teils weniger<br />

Netzwerkkontakte zugeschrieben als den Männern, was allerdings auch von weiteren Kontextfaktoren abhängig<br />

ist. 107 In unserer Erhebung sind es wiederum die russischstämmigen <strong>Selbständig</strong>en, welche solchen<br />

Kontakten die größte Bedeutung zuordnen. Für 38% haben diese Beziehungen „große“ Bedeutung. Dieses<br />

Ergebnis passt durchaus in das zuvor gezeichnete Bild, wonach es insbesondere die aus Russland stammenden<br />

Unternehmer/innen sind, in deren Umfeld weitere Personen der gleichen Herkunft arbeiten (siehe Abb. 9.3.2).<br />

Dies legt nahe, dass in solchen räumlich konzentrierten Gebilden auch mehr Gelegenheiten zur Knüpfung von<br />

Netzwerken innerhalb dieser Community vorhanden sind.<br />

Wie ist die Gruppe derer einzuschätzen, die den binnenethnischen Geschäftsbeziehungen große Bedeutung<br />

beimessen? Diese Frage interessiert insbesondere im Hinblick auf das Niveau sozialer Integration. Hier kann<br />

nicht ausführlich auf alle Zusammenhänge mit den Indikatoren <strong>für</strong> die Platzierung in der Gesellschaft eingegangen<br />

werden, aber kurz gefasst lässt sich folgendes resümieren: Unternehmerinnen (und auch Unternehmer)<br />

<strong>für</strong> die binnenethnische Geschäftsbeziehungen eine große Bedeutung haben zählen tendenziell eher zu den<br />

Bessergebildeten. Sie haben durchschnittlich häufiger ein Studium hinter sich. Was deshalb vielleicht weniger<br />

überrascht ist der Umstand, dass sie in etwa genauso häufig eingebürgert sind wie die Referenzkategorie. Sie<br />

haben allerdings einen geringeren Anteil an hierzulande Geborenen, d.h., bei den gut mit der eigenen Ethnie<br />

vernetzten Unternehmerinnen handelt es sich vor allem um solche der ersten Generation. Dies ist natürlich<br />

auch eine Frage des Alters und der dadurch erhöhten Chance entsprechende Beziehungen aufzubauen.<br />

10. Gründungsmotive: Zur Rolle von Push- und Pullfaktoren<br />

Mit dem Schritt in die <strong>Selbständig</strong>keit besitzen die Gründerinnen zwar ein gemeinsames Ziel, in der Regel<br />

jedoch sehr unterschiedliche Motive. Ihren Gründungsmotiven kommt in mehrfacher Hinsicht eine zentrale<br />

Bedeutung zu: Sie teilen unter anderem mit, inwieweit die Entscheidung <strong>für</strong> eine unternehmerische Laufbahn<br />

auf Grundlage von persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten (z.B. Neigungen, Selbstverwirklichung,<br />

Gewinnstreben, Mut, spezifischem Wissen usw.) oder aber durch die äußeren Rahmenbedingungen (z.B.<br />

Marktchancen, Arbeitslosigkeit, Benachteiligungen usw.) herbeigeführt wurde. Oftmals greifen persönliche<br />

Faktoren und Umfeldfaktoren ineinander, doch letztlich treffen Personen zum einen eine individuelle<br />

Entscheidung und zum anderen beeinflussen strukturelle Bedingungen diese Entscheidungsfindung.<br />

Die Wirkungsmacht der Faktorenbündel ist von Relevanz <strong>für</strong> die Wirtschafts-, Integrations- und<br />

Geschlechterpolitik, denn die jeweils zugrundeliegenden Motive sind in einem engen Zusammenhang mit<br />

den Fragen sozialer (Un)Gleichheit und ökonomischer Integration zu sehen. Je nach Ausgangsposition der<br />

Gründerinnen ist der Weg in die <strong>Selbständig</strong>keit auch ein Pfad zu stärkerer Teilhabe und Integration. Dies ist<br />

bspw. dann der Fall, wenn sich Migrantinnen und Migranten durch eine unternehmerische Tätigkeit aus einer<br />

Situation der Benachteiligung – etwa aus der Arbeitslosigkeit – befreien und dadurch auf dem Arbeitsmarkt<br />

(re-)integrieren können. Eine unfreiwillige <strong>Selbständig</strong>keit erfährt allerdings auch andere Bewertungen: So wird<br />

teils argumentiert, einer Gründung aus der ökonomischer Not würde die fachliche Eignung und damit die Basis<br />

<strong>für</strong> Nachhaltigkeit fehlen, weshalb sie nicht zu sozialem Aufstieg, sondern zu „einer Verlagerung vom marginalen<br />

Arbeitslosen zum marginalen Unternehmer“ führt (Plahuta 2005: 52). Diese Sicht erscheint jedoch eher<br />

unbegründet. Zum einen wird die Erfolgsrate ehemals arbeitsloser Gründer/innen unterschätzt 108 und zum<br />

anderen birgt das Verharren in der Arbeitslosigkeit eine weit größere Marginalisierungsgefahr.<br />

Ziel dieses Kapitels ist es daher, den Weg in die <strong>Selbständig</strong>keit von Migrantinnen sowie die Hintergründe genauer<br />

zu beleuchten. Welche Tätigkeit haben sie zuvor ausgeübt, erfolgte die Gründungsentscheidung auf freiwilliger<br />

Basis oder wurde sie aus einer ökonomischen Notlage heraus getroffen? Und mit welcher Sicherheit<br />

haben sie ihre Entscheidung umgesetzt?<br />

107 Vgl. auch die Übersicht von Welter/ Trettin 2006.<br />

108 Bei der Evaluation der geförderten Gründungen aus der Arbeitslosigkeit schneiden diese erstaunlich gut ab.<br />

Vgl. IAB-Kurzbericht 10/2007.

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