Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Zudem interessiert hier der Geschlechtervergleich d.h., ob Frauen mit Migrationshintergrund einen schlechteren<br />
Kapitalzugang haben als die adäquate Gruppe der Männer. Bislang wird häufig davon ausgegangen,<br />
dass gründungswillige Frauen eher von Kreditinstituten diskriminiert werden. 197 D.h., es wurde teils die These<br />
vertreten, ihre Unternehmensideen würden kritischer beurteilt als jene von Männern, weshalb sie bei der<br />
Kreditbewilligung zumeist schlechter als ihre männlichen Kollegen abschneiden. Allerdings beschränken sich<br />
die bislang hier<strong>für</strong> erbrachten Belege auf die Situation von Frauen der Mehrheitsgesellschaft und lassen keine<br />
Aussage zu, ob dies im Speziellen auch <strong>für</strong> Migrantinnen im Vergleich mit Migranten gilt.<br />
Wie sieht es also aus, wenn die Faktoren „Herkunft“ und „Geschlecht“ zusammen kommen? Anhand unserer<br />
Befragungsdaten lässt sich eine Benachteiligung von Frauen gegenüber Männern bei der Kreditvergabe<br />
nicht bestätigen. Und dies gilt <strong>für</strong> Frauen und Männer sowohl mit als auch ohne Migrationshintergrund. Die<br />
Ergebnisse zeigen (mit Ausnahmen der Gründer/innen polnischer Herkunft) sogar eine Tendenz dahingehend,<br />
dass männlichen Migranten etwas häufiger ein Kredit verwehrt wurde als den weiblichen. 198 Allerdings liegen<br />
die gefundenen Unterschiede nicht in einem statistisch signifikanten Bereich.<br />
Viel eher scheint die Frage von Relevanz, in welchem Zeitraum gegründet wurde. Differenziert man nach den<br />
Inhaber/innen von jungen Unternehmen (Gründung nach 2000) und älteren (vor 2000), wird ersichtlich, dass<br />
den Neugründungen signifikant häufiger ein Kredit verwehrt wurde (49%) als den vor längerer Zeit gegründeten<br />
Unternehmen (35%). Die Ergebnisse weisen also darauf hin, dass es <strong>für</strong> Gründer/innen auch generell im<br />
Zeitverlauf schwieriger geworden ist, einen Kredit zu bekommen.<br />
Inwieweit korrespondiert dies mit der Aufenthaltsdauer bzw. mit der Frage, wie lange die Migranten schon hier<br />
in Deutschland sind? Differenziert nach Zuwanderungskohorten zeigt sich, dass vor allem die <strong>Selbständig</strong>en<br />
der jüngeren Zuwanderungskohorten von diesem Problem betroffen sind. Die Hälfte der neu Zugewanderten<br />
wurden beim Versuch einen Kredit zu erhalten abgewiesen. Dies ist sicherlich nicht nur im Zusammenhang<br />
mit der Aufenthaltsdauer und der entgegengebrachten Akzeptanz, sondern voraussichtlich auch mit<br />
Bildungsunterschieden und Sprachkenntnissen zu sehen. In kürzeren Zeitabschnitten kann oftmals kaum ausreichend<br />
Eigenkapital akkumuliert werden, so dass es an Komplementärmitteln fehlt bzw. die notwendigen<br />
Sicherheiten <strong>für</strong> die Banken nicht erbracht werden können.<br />
Fasst man auch hier wieder zusammen ergibt sich folgendes Bild:<br />
Während eine geschlechterspezifische Benachteiligung bzw. eine Diskriminierung von Frauen bei der Kreditvergabe<br />
nicht festgestellt werden kann, lässt sich erkennen, dass Gründer/innen mit Zuwanderungsgeschichte<br />
generell einen schwierigeren Zugang zu Fremdkapital als Einheimische haben. Diese Hürde wurde im Zeitverlauf<br />
der letzten Jahre eher noch höher und sie steigt auch dann, sofern es Zuwanderinnen mit einer relativ kurzer<br />
Aufenthaltszeit in Deutschland mit einem Kredit versuchen.<br />
Die große Zahl an Ablehnungen unter Gründer/innen, die dann doch ihr Unternehmen letztlich auf dem Markt<br />
etablieren konnten, mag zu der Vermutung führen, dass es sich in vielen Fällen um überzogene oder um nicht<br />
ernsthaft verfolgte Ansprüche handelt. Daher stellt sich die Frage, inwieweit hier wirklich ein Problem vorgelegen<br />
hat:<br />
In welchem Maß wird die Kapitalbeschaffung als Problem bewertet?<br />
Die Benachteiligung von Migrantinnen und Migranten beim Zugang zum Kapitalmarkt lassen sich durch weitere<br />
Befragungsergebnisse zu Problemen in der Gründungsphase (siehe hierzu nachfolgend Kapitel 12.2 und<br />
12.3) untermauern.<br />
So wurde nicht nur nach der Inanspruchnahme und Bewilligung einen Bankkredits (harter Indikator) sondern<br />
auch danach gefragt, ob die Fremdkapitalbeschaffung subjektiv als Problem empfunden wurde (eher „weicher“<br />
Indikator). Abb. 12.1.5 zeigt, dass sich die Gründerinnen mit Migrationshintergrund mit erheblich höheren<br />
Hürden einen Kredit bzw. das nötige Kapital zu bekommen konfrontiert sehen als ihre deutschen Pendants<br />
(t=2,340;p=0,20).<br />
197 Vgl. auch Kapitel 2.<br />
198 Bei den Frauen beträgt die Ablehnungsquote im Durchschnitt 38% bei den Männern 45%.<br />
151