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Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...

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einer Familie erst nach der Unternehmensgründung vorgesehen war. Nimmt man jedoch den Familienstand<br />

zum Zeitpunkt der Befragung, dann wächst <strong>für</strong> diejenigen die Bedeutung des Vereinbarkeitsmotivs, die derzeit<br />

Kinder im Haushalt haben: Hier erhöhen sich die Werte bei allen Gruppen um einige Prozentpunkte, am stärksten<br />

jedoch bei den deutschen Frauen. 134<br />

Zusätzlich haben wir den Einfluss weiterer Faktoren auf die Zustimmung zum Motiv der „Vereinbarkeit“ mittels<br />

einer logistischen Regression (Tabelle 10.2.6 im Anhang) geprüft. Anhand der multivariaten Analyse zeigt sich,<br />

dass hier bspw. das Lebensalter und der Grad der Bildung keinen signifikanten Einfluss nimmt. Dagegen erhöht<br />

das Vorhandensein von Kindern im Haushalt die Relevanz des Vereinbarkeitsmotivs beträchtlich.<br />

Allerdings ist bei allem zu beachten, dass in den beschriebenen Ergebnissen bisher nur die Motivlagen derjenigen<br />

Frauen und Männer gegeneinander verglichen wurden, die sich auch tatsächlich selbständig gemacht<br />

haben. Anders stellt sich die Situation dar, wenn die Bedeutung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf anhand<br />

eines Vergleichs mit den abhängig Beschäftigten der jeweiligen Gruppen bemessen wird (vgl. hierzu Kapitel<br />

15.3). Hier zeigt sich dann, dass die Vereinbarkeitsproblematik insbesondere <strong>für</strong> die türkischstämmigen Frauen<br />

hohe Relevanz besitzt und die Wahrscheinlichkeit der Gründung eines eigenen Unternehmens deutlich erhöht.<br />

Motiv: Leistungsbereitschaft und Machbarkeitsdenken<br />

Ein Anreiz <strong>für</strong> den Schritt in die <strong>Selbständig</strong>keit mag darüber hinaus auch durch eine ausgeprägte<br />

Leistungsbereitschaft oder ein Machbarkeitsdenken gegeben sein. Insbesondere ein ausgeprägter Leistungswille<br />

gilt in der Entrepreneurship-Forschung als eine zentrale Voraussetzung <strong>für</strong> unternehmerisches Wirken.<br />

Bereits Max Weber 135 hob diesbezüglich die innere Motivation und den Willen hervor, die eigene Leistungsfähigkeit<br />

durch „rastloses Schaffen“ unter Beweis zu stellen. 136 Dieses Streben könnte bei einer „Arbeit auf eigene<br />

Rechnung“ möglicherweise viel eher zum Erfolg führen als in einer abhängigen Beschäftigung. Ein Indikator <strong>für</strong><br />

einen solchen Pull-Effekt ist das Motiv in der <strong>Selbständig</strong>keit die „Qualifikation besser verwerten“ oder die „eigenen<br />

Ideen besser verwirklichen“ zu können. Diese Motive sind bereits in engem Zusammenhang mit solchen<br />

Anreizen zu sehen, die sich aus bestimmten Chancen auf den Märkten bzw. Gelegenheitsstrukturen oder durch<br />

die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs ergeben. (Beides wird nachfolgend noch betrachtet.)<br />

Das Gründungsmotiv, die eigenen „Fähigkeiten und Qualifikationen besser verwerten zu können“, nimmt eine<br />

ähnlich wichtige Bedeutung ein, wie schon der Wunsch nach Autonomie. Insbesondere <strong>für</strong> die Migrantinnen:<br />

Jeweils rund drei Viertel aller Frauen (zwischen 70% bis 77%) gaben an, dass die Qualifikationsverwertung <strong>für</strong><br />

sie ein wichtiges Motiv <strong>für</strong> die <strong>Selbständig</strong>keit war (Abb. 10.2.7). Die deutschen Frauen halten dieses Motiv zwar<br />

<strong>für</strong> etwas weniger wichtig als die Migrantinnen, aber auch dort liegt der Anteil bei 62%. Diese Differenz dürfte<br />

wohl aus dem Umstand resultieren, dass Migrantinnen geringere Chancen sehen, ihr Leistungsvermögen in<br />

einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis adäquat zu beweisen.<br />

Sie üben häufig ausbildungsinadäquate Tätigkeiten aus und selbst Höherqualifizierte werden unter ihrem<br />

Wert beschäftigt. Vor allem Migrant(inn)en aus Polen und der ehemaligen Sowjetunionen sind häufig mit<br />

dem Problem konfrontiert, dass sie zwar über teilweise hochwertige Berufsabschlüsse verfügen, diese aber in<br />

Deutschland nicht anerkannt werden. 137 Es ist daher auch nicht überraschend, dass diese beiden Ethnien hier<br />

deutlich häufiger das Motiv der Qualifikationsverwertung nennen als deutsche Frauen.<br />

Ganz offensichtlich tritt dieses Problem auch bei den Männern auf, aber bei den polnisch- und russischstämmigen<br />

Männern in etwas geringem Maße als bei den Frauen. Geschlechterunterschiede zeigen sich insbesondere<br />

zwischen den Frauen und Männern aus der Türkei: Dies mag ein Hinweis darauf sein, dass türkische Männer<br />

mit guter Ausbildung vielleicht noch eher als die Frauen einen Job als Arbeitnehmer bekommen.<br />

134 Die Werte erhöhen sich um etwa 4-6%-Punkte bei Migrantinnen. Von den deutschen Frauen mit Kindern im Haushalt hielten 54%<br />

dieses Motiv <strong>für</strong> zutreffend.<br />

135 Weber 1905 (Protestantische Ethik).<br />

136 Die klassischen Ansätze wurden vor allem von McClelland (1961) wieder aufgegriffen.<br />

137 Dietz 1995; Koller 1997.<br />

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