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Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...

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Im Vergleich der Geschlechter bzw. mit den tertiär ausgebildeten selbständigen Männern liegen die Anteile an<br />

selbständigen Frauen in den nicht-wissensintensiven Diensten zwar in jeder Ethnie um einige Prozentpunkte höher.<br />

Allerdings kommt bei den Männern hinzu, dass hier mehr akademisch Gebildete im Gastgewerbe und Handel<br />

tätig sind (Abb. 8.1.4). Unterm Strich betrachtet stellen die beobachteten Qualifikationsverwertungsdefizite<br />

also keine geschlechtsspezifische Besonderheit sondern eher ein allgemeines Phänomen dar. Mit Blick<br />

auf die relativ starke Präsenz akademisch gebildeter türkischstämmiger Frauen in den wissensintensiven<br />

Dienstleistungen entsteht sogar der Eindruck, dass diese ihre Qualifikation (soweit vorhanden) besser nutzen<br />

als die Männer.<br />

Zwischenfazit<br />

Als vorläufiges Fazit kann also festgehalten werden, dass unternehmerisch aktive Migrantinnen und Migranten<br />

in punkto formaler Bildung wesentlich besser platziert sind als die abhängig beschäftigten Pendants. Am besten<br />

mit Wissensressourcen ausgestattet sind die osteuropäischen Frauen, auch wenn die Gleichwertigkeit<br />

der im Herkunftsland erzielten Abschlüsse teilweise in Frage steht. Das relativ hohe Qualifikationsniveau der<br />

<strong>Selbständig</strong>en (aller Ethnien) ist ein gutes Zeichen im Hinblick auf ihre Integrationsmöglichkeiten, da die<br />

Gründungsforschung deutlich belegt, dass Bildung nicht nur eine zentrale Determinante <strong>für</strong> den Zutritt in die<br />

<strong>Selbständig</strong>keit, sondern auch <strong>für</strong> den unternehmerischen Erfolg darstellt. Wie nachfolgend noch erläutert<br />

wird, schlägt sich dies bspw. auch in entsprechendem Einkommen nieder (Kapitel 11).<br />

Die durch ein unternehmerisches Engagement erhöhten Integrationschancen werden durch einige<br />

Wermutstropfen getrübt, weil es einem Teil der höherqualifizierten <strong>Selbständig</strong>en nicht gelingt, ihre Qualifikation<br />

in eine adäquate Tätigkeit einzubringen. Dies ist zuvorderst bei den italienisch- und russischstämmigen<br />

Frauen und in der Rangfolge danach auch bei denen aus Polen zu beobachten. Aber dennoch: Der Mehrheit<br />

der Hochschulabsolventinnen gelingt der Sprung zu höherwertigen Tätigkeiten bzw. in die wissensintensiven<br />

Branchen. Am deutlichsten ist dies bei den Frauen türkischer Abstammung zu beobachten. Sie sind zwar seltener<br />

hochqualifiziert als die Osteuropäerinnen, doch soweit dies der Fall ist, arbeiten sie weit häufiger in einem<br />

adäquaten Job.<br />

Bei allem darf aber nicht übersehen werden, dass – soz. auf der anderen Seite – auch unter den <strong>Selbständig</strong>en<br />

ein hoher Prozentsatz über keinerlei Berufsausbildung verfügt (wenngleich dies weniger häufig als bei den<br />

abhängig Beschäftigten der Fall ist). Dies mindert die Chancen auf einen unternehmerischen Erfolg und letztlich<br />

auf eine soziale Integration zumindest dann, wenn diese Wissensdefizite nicht durch andere Ressourcen<br />

kompensiert werden können. Dieser Frage wird im Folgenden nachgespürt.<br />

8.2 erfahrungswissen (Arbeits-, Branchen- und <strong>Selbständig</strong>keitserfahrung)<br />

Formale Bildung gilt zwar als eine der wichtigsten Bestandteile der allgemeinen bzw. <strong>für</strong> den Arbeitsmarkt bedeutsamen<br />

Humanressourcen, doch wird zur Gründung eines Unternehmens noch zusätzlich spezifisches, d.h.,<br />

vor allem selbständigkeitsrelevantes Humankapital benötigt. Eine erfolgreiche unternehmerische Laufbahn erfordert<br />

daher ein gewisses Maß an Arbeitserfahrung und vor allem ausreichende Branchenkenntnisse. Darüber<br />

hinaus mag von Vorteil sein, wenn bei der Gründung bereits einschlägiges Wissen aus einer früher ausgeübten<br />

selbständigen Tätigkeit oder auch eine <strong>Selbständig</strong>keitserfahrung im Elternhaus vorliegt.<br />

Gründungsrelevantes Wissen hat verschiedene Facetten und entwickelt sich unter anderem auch in enger<br />

Berührung mit dem sozialen Umfeld. Je nach Herkunft der Gründer/innen wird Migrantenselbständigkeit häufig<br />

mit bestimmten soziokulturellen Eigenheiten und weniger mit empirischen bzw. fachlichen Kenntnissen in<br />

Verbindung gebracht. In diesem Zusammenhang lautet eine populäre und entsprechend verbreitete (aber dennoch<br />

nicht unbedingt richtige) Annahme, der Hang zum unternehmerischen Engagement läge den Migrant(inn)<br />

en sozusagen „im Blut“, weshalb sie sich eventuell auf anderer Grundlage als die Einheimischen dem Schritt<br />

in die berufliche <strong>Selbständig</strong>keit nähern. Auf die konkrete Art und Weise der Gründungsvorbereitung wird<br />

daher in Kapitel 14 eingegangen. Im Folgenden interessiert zunächst die Frage nach den non-formalen<br />

Wissensressourcen, welche eine wichtige Grundlage zur Gründung, aber auch zur Führung eines Unternehmens<br />

bilden.

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