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Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...

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204<br />

Betriebliche Charakteristika, Strategien und Erfolg<br />

Die unternehmerischen Aktivitäten von Zugewanderten sind in den letzten Jahren allein schon deshalb stärker<br />

als bisher in den Fokus von Politik und öffentlicher Debatte gerückt, weil Migrantenselbständigkeit – wie<br />

auch der Integrationsbericht des Landes Nordrhein-Westfalen betont – „zu einem unverzichtbaren volkswirtschaftlichen<br />

Faktor geworden ist.“ 246 Dies zeigen zunächst die enormen Zuwachsraten an Gründungen und<br />

<strong>Selbständig</strong>en. Allerdings ist über das damit verbundene betriebliche bzw. wirtschaftliche Potenzial bislang<br />

noch relativ wenig bekannt – und erst recht nichts über dasjenige der Unternehmen von Frauen. 247 Zwar befassen<br />

sich einige wenige Studien (ohne Geschlechterdifferenzierung) mit der ökonomischen Bedeutung von<br />

Migrantenselbständigkeit, allerdings konzentrieren sie sich entweder auf die türkischstämmigen Unternehmer<br />

in Nordrhein-Westfalen (ZfT-Studien) 248 oder nehmen Bezug auf die Situation in Gesamtdeutschland (ifm-Studie<br />

zur „Ethnischen Ökonomie“) 249 und betrachten zudem nur Ausländer (RWI-Studie) 250 oder ausgewählte<br />

ökonomische Indikatoren. 251<br />

Erschwert wird die Beurteilung der volkswirtschaftlichen Bedeutung von Migrantenselbständigkeit allerdings<br />

durch den Mangel an Daten. Bisher gibt es keine einzige Statistik, durch welche unternehmens- und personenbezogene<br />

Daten so zu verknüpfen wären, dass die betrieblichen Leistungspotenziale mit der ethnischen<br />

oder nationalen Herkunft der Unternehmensinhaber in Zusammenhang zu bringen sind. Soweit dies jedoch<br />

mit Unternehmensbefragungen (wie der hier vorliegenden) der Fall ist, können zwar betriebliche Merkmale<br />

von inhabergeführten Unternehmen 252 erfasst, aber mangels Referenzsystem und Fallzahlen nur mit großen<br />

Unsicherheiten auch zu volkswirtschaftlichen Kenngrößen hochgerechnet werden.<br />

Durch unsere Befragung ist es zumindest möglich, die betrieblichen Strukturen und einige daraus ableitbare<br />

Leistungspotenziale zu beschreiben. Nachfolgende Analysen befassen sich mit den Charakteristika,<br />

Beschäftigungspotenzialen und wirtschaftlichen Strategien der Unternehmen von Migrantinnen und Migranten<br />

in Nordrhein-Westfalen. Es ist daran zu erinnern, dass wir bereits in vorherigen Kapiteln einige betriebs- und<br />

wirtschaftsstrukturelle Betrachtungen angestellt hatten, soweit dies im Kontext der Fragestellungen erforderlich<br />

war. So wurde in Kapitel 7.2 die Branchenorientierung der Unternehmer/innen beschrieben (v.a. deswegen,<br />

weil die darauffolgenden Analysen teils eine Branchendifferenzierung verlangten). Ferner haben wir in Kapitel<br />

9.3 die innerethnischen Beziehungen zu Kunden und Geschäftspartnern untersucht (da dies zur Einschätzung<br />

der Integrationsbedingungen beigetragen hat). Und in Kapitel 11 wurden mit Blick auf das Arbeitsvolumen und<br />

das Einkommen gleichfalls einige ökonomisch relevante Fragestellungen aufgegriffen.<br />

Im nachfolgenden Kapitel 16 werden zunächst einige Eigenschaften und Strukturen der Unternehmen beschrieben<br />

sowie vor allem die Beschäftigungspotenziale betrachtet. Und in Kapitel 17 wird abschließend untersucht,<br />

welche Strategien die Migrantinnen mit ihren Unternehmen verfolgen und welche Erfolge sich diesbezüglich<br />

zeigen.<br />

16. Betriebsstrukturen 253 und Beschäftigungspotenziale<br />

In Bezug auf welche Eigenschaften unterscheiden sich die Migrantenunternehmen von den Unternehmen<br />

der Deutschen? Und wo liegen die Unterschiede mit Blick auf die Betriebe einzelner Ethnien? Während in<br />

Kapitel 9 die Bedeutung von co-ethnischen Beziehungen nach „außen“, d.h., zu den Kunden oder Partnern, zur<br />

Diskussion standen, interessiert hier viel eher die „innere“ Zusammensetzung, so etwa auch die Frage, welche<br />

Bedeutung die Landsleute, oder speziell die Familie oder der Partner in den Unternehmen haben.<br />

246 MGFFI 2008, S. 118.<br />

247 Soweit einige wenige Studien vorliegen (vgl. Kapitel 2.3) sind sie her qualitativer Natur und beziehen sich zudem kaum auf<br />

ökonomische Indikatoren.<br />

248 Zentrum <strong>für</strong> Türkeistudien: zu NRW vgl. Sauer 2004.<br />

249 Leicht et al. 2005.<br />

250 Loeffelholz et al. 1994.<br />

251 z.B. zur Bedeutung von <strong>Selbständig</strong>en <strong>für</strong> den Arbeitsmarkt (Leicht/ Leiß 2006) oder zur Branchenstruktur oder zum Einkommen<br />

(Özcan/ Seifert 2003).<br />

252 Kapitalgesellschaften bieten in rechtlicher und vor allem sozialer Sicht keine Wesensmerkmale, um das Unternehmen einer<br />

bestimmten Person bestimmter (ethnischer) Herkunft zuzuordnen.<br />

253 Im Folgenden wird der Begriff „Unternehmen“ und „Betrieb“ synonym verwendet, wohl wissend, dass ein Betrieb auch als Arbeitsstätte<br />

und damit als Teil eines Unternehmens verstanden werden kann.

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