Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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Interviewpartnerinnen, dass sie mit dem hiesigen Frauenbild ihre Probleme hatten, da in Westafrika Frauen eine<br />
völlig andere Stellung zugestanden wird und diese selbstverständlich in den Arbeitsmarkt <strong>integriert</strong> sind. 95<br />
Insgesamt wird bei den Interviews deutlich, dass Themen wie Integration und Vorurteile <strong>für</strong> die Frauen persönlich<br />
keine besondere Rolle spielen. Ihr Selbstbild ist auffallend positiv und rekrutiert sich vorwiegend aus der<br />
Betätigung als Unternehmerin. Das könnte einmal mit der weitgehend erfolgreichen Unternehmensentwicklung<br />
zusammenhängen, obschon die Richtung des Zusammenhangs, der möglicherweise zwischen positivem<br />
Selbstbild und erfolgreicher Unternehmensentwicklung besteht, aufgrund der qualitativen Herangehensweise<br />
offen bleiben muss. Zudem kommen viele Interviewpartnerinnen aus einem familiären Umfeld, in dem bereits<br />
andere Familienmitglieder oder der Partner selbständig sind, und aus einer Kultur, in der berufliche<br />
<strong>Selbständig</strong>keit eine „Selbstverständlichkeit“ ist – kulturelle und familiäre Einflüsse haben demnach einen zusätzlichen,<br />
positiven Einfluss auf das eigene Selbstverständnis. „Das liegt irgendwie in der Familie.“ 96<br />
Ein weiterer Einfluss auf das erkennbare Selbstbild als – in erster Linie – „Unternehmerin“, aber weniger als<br />
„Ausländerin“ und „Frau“, dürfte auch die Tatsache ausüben, dass viele der interviewten Frauen im Verlauf ihrer<br />
beruflichen und persönlichen Entwicklung aus familiären bzw. kulturellen Normen „ausgebrochen“ sind, 97 wie<br />
beispielsweise die junge Türkin, deren – ebenfalls türkischer – Ehemann den Haushalt macht und die Kinder<br />
erzieht, oder Unternehmerinnen, die sich in eher untypischen Feldern selbständig gemacht haben, darunter die<br />
Kroatin mit einem Computerreparaturservice, oder die Türkin, die als Strafverteidigerin selbständig ist.<br />
„Als ich den Friseurberuf aufgeben und eine andere Laufbahn einschlagen wollte, musste ich mir viel bei meinen<br />
Eltern erkämpfen, weil ich <strong>für</strong> eine junge türkische Frau recht ungewöhnliche Zukunftspläne hatte.“ 98<br />
„Als Mann hätte ich vielleicht den nötigen Rückhalt von Anfang an erhalten.“ 99<br />
„Ich passe nicht ins Klischeebild“ 100 ist eine typische Äußerung in dieser Hinsicht, die verdeutlicht, wie die Frauen<br />
mit dem von außen an sie herangetragenen Fremdbild der „ausländischen Unternehmerin“ umgehen. Sie spielen<br />
damit und benutzen in dieser Hinsicht vorherrschende Stereotype, um sich von der Umwelt hervorzuheben.<br />
Damit verdeutlichen sie gleichzeitig aber auch der Gesellschaft, die ihnen ja das Klischee zuweist, dass sie nicht<br />
anders sind, sondern im Gegenteil dazugehören und relativieren darüber das selektive Migrantinnenbild der<br />
deutschen Öffentlichkeit. 101 Vermutlich spielt hier der durchweg hohe Bildungsgrad der interviewten Frauen<br />
eine nicht unerhebliche Rolle dabei, Vorurteile zu hinterfragen bzw. als nicht relevant <strong>für</strong> sich selbst einzustufen.<br />
Das bestätigt eine unserer Interviewpartnerinnen, die darauf verweist, dass die türkische Gesellschaft eher<br />
männerorientiert ist: „(..) aber man muss gleichzeitig sagen, dass wenn man gebildet ist und einen bestimmten<br />
akademischen Abschluss hat, dann ist das Frausein kein Hindernis. Es ist egal. Dann hat man einen bestimmten<br />
Platz in der Gesellschaft auf jeden Fall erreicht und vor allem wenn man einen Beruf hat, der gesellschaftlich<br />
anerkannt ist.“ 102 Nowicka verweist in diesem Zusammenhang sogar darauf, dass Migrantenunternehmer in<br />
beiden Ländern (in ihrem Herkunftsland und dem jetzigen Aufenthaltsort) mit der beruflichen <strong>Selbständig</strong>keit<br />
um Prestige und Anerkennung kämpfen, mithin Ausprägungen und Entwicklungspfade unternehmerischer<br />
Tätigkeiten nur aus transnationaler Perspektive verstanden werden können. 103<br />
Gleichwohl sind die Themen „Ausländerin“ und „soziale Benachteiligung“ auf gesellschaftspolitischer Ebene<br />
<strong>für</strong> die Frauen sehr wohl interessant: hier wird die eigene unternehmerische Tätigkeit als Mittel gesehen, gesellschaftliche<br />
Veränderungen zu erreichen. Dementsprechend engagieren sich einige auch in dieser Hinsicht,<br />
um Verbesserungen zu erreichen. So ist eine der Unternehmerinnen im Netzwerk „PETEK“ aktiv, das sich<br />
als Kontaktforum <strong>für</strong> Unternehmerinnen und Führungsfrauen mit Migrationshintergrund versteht und die<br />
Förderung selbständiger Migrantinnen zum Ziel hat. 104 Eine andere Unternehmerin hat eine Zeitschrift gegrün-<br />
95 Vgl. dazu Rocksloh-Papendick (1988).<br />
96 Vgl. Interview 13.<br />
97 Berg (1997) beschreibt eine ähnliche Strategie von Unternehmerinnen in ländlichen Gebieten, die sich oftmals nur erfolgreich<br />
behaupten können, wenn sie ländliche Traditionen überwinden.<br />
98 Vgl. Interview 10.<br />
99 Vgl. Interview 5.<br />
100Vgl. Interview 7.<br />
101 Siehe dazu auch Nowicka (2008).<br />
102 Vgl. Interview 6.<br />
103 Vgl. Nowicka (2008), S. 5.<br />
104 Vgl. www.petekweb.de<br />
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