Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
gen, dass von den Gründerinnen eher selten neue Produkte oder Dienstleistungen entwickelt werden. In<br />
gewisser Weise ist dieses Gründungsmotiv daher auch im Zusammenhang mit einer (selbst attestierten)<br />
Innovationsfähigkeit zu sehen, wobei ein solchermaßen entwickelter unternehmerischer Esprit möglicherweise<br />
auch ein Defizit an formalen Humankapital kompensiert. Auffällig ist jedenfalls, dass es vor allem die formal<br />
weniger stark gebildeten Frauen aus der Türkei und Italien sind, <strong>für</strong> die eine solche „Innovation“ den Anlass zur<br />
Gründung gab (Abb. 10.2.8). Jede dritte Frau (33% bzw. 31%) zählt hierzu, während von den polnisch- oder<br />
russischstämmigen Frauen vergleichsweise wenige (hier nur 18% bzw. 25%) aufgrund solcher Fähigkeiten gegründet<br />
haben. Die deutschen Frauen sehen hierin allerdings noch viel weniger ein Gründungsmotiv (14%).<br />
Eine herausragend hohe Relevanz messen diesem Motiv jedoch die italienischen Männer bei: Fast die Hälfte<br />
(45%) von ihnen hatte unter anderem deswegen gegründet, weil sie der Meinung waren, hierdurch ein neues<br />
Produkt bzw. eine neue Dienstleistung offerieren zu können.<br />
Abb. 10.2.8 Gründungsmotive “Chancenerkennung“ und ihre Komponenten<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
33<br />
türkisch<br />
30<br />
31<br />
italienisch<br />
23<br />
polnisch<br />
Anteil der Antworten "trifft zu" oder "trifft voll und ganz zu"<br />
30<br />
25<br />
18<br />
20 19 19<br />
14 14<br />
russisch<br />
deutsch<br />
türkisch<br />
45<br />
italienisch<br />
35<br />
26<br />
polnisch<br />
Frauen Männer<br />
28<br />
20<br />
russisch<br />
Anbieten von neuem Produkt / Dienstleistung Marktlücke gefunden<br />
Quelle: Primärerhebung „<strong>Selbständig</strong>e Migrantinnen Nordrhein-Westfalen“; ifm Universität Mannheim<br />
Zwischen einem Fünftel und nicht ganz einem Drittel der Migrantinnen haben gegründet, weil sie „eine Marktlücke<br />
gefunden haben“. Die Bedeutung und Verteilung dieses Gründungsmotivs entlang der Herkunftsgruppen ähnelt<br />
sehr der zuvor betrachteten Struktur (Abb. 10.2.8). D.h., es sind innerhalb der einzelnen Gruppen jeweils<br />
ungefähr genauso viel Frauen und Männer die sich selbständig gemacht haben, weil sie eine Marktlücke entdeckten.<br />
Aus diesem Grund erübrigt sich hier eine weitere Kommentierung der Befunde.<br />
Kulturelle Faktoren als Motiv<br />
Natürlich stellt sich beim Versuch, die Gründungsmotive von Migrantinnen und Migranten zu identifizieren,<br />
an vorderer Stelle die Frage, inwieweit der Schritt in die <strong>Selbständig</strong>keit durch kulturelle Werthaltungen<br />
oder die Primärsozialisation im Heimatland beflügelt wurde. Denn schließlich wird bei der Erklärung von<br />
Migrantenselbständigkeit – zumindest in der öffentlichen Debatte und einem Teil der Forschung – den kulturellen<br />
Faktoren eine förderliche Wirkung zugeschrieben (siehe Kapitel 3). Diese Einschätzung rührt teils auch<br />
daher, dass die <strong>Selbständig</strong>enquote in den Herkunftsländern der Migrant(inn)en zumeist wesentlich höher<br />
als die in Deutschland (insgesamt) 139 ist. Daher wird den Deutschen auch häufig eine mangelnde Kultur der<br />
<strong>Selbständig</strong>keit unterstellt. 140 Demgegenüber wird von einem Teil der Migranten (vor allem von den Türken)<br />
139 Allerdings nicht im Vergleich mit der <strong>Selbständig</strong>enquote der entsprechenden Herkunftsgruppen in Deutschland.<br />
140 Hier wird jedoch übersehen, dass die <strong>Selbständig</strong>enquoten international auf ganz anderen Wirtschaftsstrukturen beruhen und<br />
insbesondere in den ökonomisch schwachen Ländern naturgemäß hoch sind. Vgl. Luber/ Leicht 2000.<br />
23<br />
10<br />
deutsch<br />
8<br />
125