Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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Dieser Tatbestand mag verwundern, weil bisher teilweise davon ausgegangen wird, dass <strong>Selbständig</strong>e viel eher<br />
als die abhängig Beschäftigten eingebürgert sind. Bezieht man den Begriff „Eingebürgerte“ nicht nur auf ehemalige<br />
Ausländer/innen, sondern auf alle Deutsche mit Migrationshintergrund, darunter auch die Aussiedler/<br />
innen, ergibt sich ein anderes Bild, das nachfolgend in etwas stärkerer Differenzierung betrachtet wird.<br />
Fasst man hier zunächst zusammen, kann festgehalten werden: erstens ist unter den selbständigen Frauen<br />
der Migrantenanteil etwas geringer als unter den erwerbstätigen Frauen insgesamt. Zweitens besitzen selbständige<br />
Migrantinnen etwas seltener einen deutschen Pass als die abhängig beschäftigten Migrantinnen.<br />
Die vergleichsweise geringe Präsenz von Deutschen mit Migrationshintergrund unter den <strong>Selbständig</strong>en muss<br />
zudem auch im Zusammenhang mit der <strong>Selbständig</strong>enquote gesehen werden: Wie bereits dargestellt (Kapitel<br />
5.2) liegt die <strong>Selbständig</strong>enquote von ausländischen erwerbstätigen Frauen im Jahr 2008 bei 7,3% (2007 bei<br />
7,9%) und die von ausländischen Männern bei 12,0%. (bzw. 11,4%). Sie fällt jedoch unter den Migrantinnen und<br />
Migranten mit deutschem Pass wesentlich geringer aus. Im Jahr 2007 (und ganz ähnlich in 2008) waren nur<br />
4,7% der weiblichen und 8,0% der männlichen Deutschen mit „Zuwanderungsgeschichte“ selbständig (Tab.<br />
5.3.1a). 39 Dahinter verbirgt sich zum Teil ein Aussiedlereffekt, da diese Gruppe in geringerem Maß unternehmerisch<br />
engagiert ist. 40 Die 5.000-6.000 selbständigen (Spät-)Aussiedlerinnen in Nordrhein-Westfalen stellen lediglich<br />
rund 4% aller erwerbstätigen Frauen dieser Gruppe. Demgegenüber sind unter den eingebürgerten ehemaligen<br />
Ausländerinnen immerhin 6% selbständig und unter den männlichen Pendants fast 12%. D.h., diejenigen<br />
Frauen und Männer, die sich über den Weg der Ermessenseinbürgerung <strong>für</strong> die deutsche Staatsbürgerschaft<br />
entschieden haben, erzielen zwar eine höhere <strong>Selbständig</strong>enquote als die Statusdeutschen, 41 sie weisen aber –<br />
zumindest insgesamt betrachtet – immer noch eine leicht geringere <strong>Selbständig</strong>keitsneigung auf als diejenigen<br />
ohne Migrationshintergrund. Hinzu kommt, dass sie noch nicht ganz an das Niveau derjenigen von erwerbstätigen<br />
ausländischen Frauen (und Männern) heranreicht. Allerdings ist die Gründungsneigung von Migrantinnen<br />
und Migranten mit deutschem Pass je nach Herkunftsgruppe sehr verschieden. Diesem Sachverhalt wird im<br />
nächsten Kapitelabschnitt nachgegangen.<br />
Wie sieht das unternehmerische Engagement von Erwerbstätigen mit Migrationshintergrund im<br />
Geschlechtervergleich aus? Die Diskrepanz zwischen Frauen und Männern in der <strong>Selbständig</strong>keitsneigung ist<br />
bei ausschließlicher Betrachtung von Migrant(inn)en mit deutschem Pass – wie die o.g. Werte schon zeigen<br />
– nicht etwa kleiner, sondern sogar etwas größer als bei Ausländer/innen. Konzentriert man sich auf die eingebürgerten<br />
ehemaligen Ausländer/innen zeigt sich in etwa das gleiche Muster wie bei den autochthonen Frauen.<br />
D.h., ihre <strong>Selbständig</strong>enquote ist nur halb so hoch wie die der Männer.<br />
Eine etwas andere Perspektive ergibt sich, wenn man die Verteilung der Geschlechter innerhalb der Gruppe<br />
der <strong>Selbständig</strong>en betrachtet. (Der daraus ablesbare Frauenanteil ist allerdings <strong>für</strong> die Beurteilung der<br />
Zugangschancen in die <strong>Selbständig</strong>keit weniger maßgeblich als teils angenommen, da er allein schon durch die<br />
höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen angestiegen ist.) Unter allen eingebürgerten (ehemals ausländischen)<br />
<strong>Selbständig</strong>en liegt der Frauenanteil bei über einem Viertel (27,5%) und fällt damit etwas geringer aus als unter<br />
den <strong>Selbständig</strong>en ohne deutschen Pass (Tab. 5.3.1a; rechte Spalte). Interessanterweise ist der Anteil von<br />
Frauen unter den selbständigen Aussiedler/innen wesentlich höher (38,5%). D.h., die Aussiedler machen sich<br />
zwar vergleichsweise selten selbständig (wie sich an der <strong>Selbständig</strong>enquote zeigt), aber soweit dies der Fall<br />
ist, sind darunter mehr Frauen als in den anderen Gruppen. Hier macht sich, wie später noch aufgezeigt, die<br />
stärkere Erwerbsneigung von Frauen aus den osteuropäischen Ländern bemerkbar. Dies ändert jedoch nichts<br />
an dem Gesamtergebnis:<br />
Fasst man die Beobachtungen zum geschlechtsspezifischen Zugang in die berufliche <strong>Selbständig</strong>keit zusammen,<br />
mag zunächst erstaunen, dass entgegen manchen Annahmen die Geschlechterungleichheit unter den<br />
ausländischen <strong>Selbständig</strong>en etwas geringer als unter den Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund ausfällt.<br />
Da die Eingebürgerten insgesamt aber deutlich besser am Arbeitsmarkt <strong>integriert</strong> sind, 42 ist davon auszugehen,<br />
dass <strong>für</strong> die ausländischen Frauen der Schritt in die <strong>Selbständig</strong>keit auch ein Mittel zur Kompensierung<br />
anderer Ungleichheiten ist.<br />
Dies ist zunächst eine Feststellung auf hoher Aggregatebene, die noch durch andere in dieser Untersuchung<br />
vorgenommenen Analysen evaluiert werden muss.<br />
39 Legt man das Verhältnis zur Erwerbspersonenzahl (SQ2) zugrunde, ist die Quote naturgemäß noch niedriger.<br />
40 Vgl. auch Leicht et al. 2005b, Seifert 2008.<br />
41 Zumindest bis 1999 wurden die Spätaussiedler im Rahmen der Anspruchseinbürgerung eingebürgert.<br />
42 Vgl. auch Integrationsbericht MGFFI 2008.