Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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Blick auf die Hochqualifizierten die Geschlechterdiskrepanz im Zugang zur <strong>Selbständig</strong>keit. Ohnehin zählt<br />
bekanntlich Humankapital, und darunter formale Bildung, mit zu den entscheidenden Determinanten sowohl<br />
bei der Entwicklung von Gründungspotenzialen als auch einer erfolgreichen Gründung. 42 In Bezug zum vorliegenden<br />
Thema ist hier von Interesse, dass der Faktor „Bildung“ bei Frauen offenbar einen vergleichsweise<br />
stärkeren Pull-Effekt in Richtung unternehmerischer Betätigung bewirkt. 43 Verständlich wird dies bspw. dann,<br />
wenn die im Studium erworbene Qualifikation in der <strong>Selbständig</strong>keit eine bessere Verwertung als in einem<br />
Angestelltenverhältnis erfährt. 44 So betrachtet bestehen hier gewisse Gründungsanreize aber gleichzeitig<br />
auch -zwänge. Letzteres gilt vor allem <strong>für</strong> den Druck, der sich aus Arbeitslosigkeit ergibt. 45 Allerdings lassen<br />
sich bspw. kaum Belege <strong>für</strong> die Annahme finden, dass Frauen mehr als Männer aus der Arbeitslosigkeit in die<br />
<strong>Selbständig</strong>keit getrieben würden. 46 Auf die Frage, inwieweit Familienverantwortung und der damit verbundene<br />
Wunsch nach autonomen und flexiblen Arbeitsformen, die Gründungsneigung von Frauen erhöht, wird nachfolgend<br />
eingegangen.<br />
Ressourcendefizite als hinderliche Faktoren und Ursachen des „gender gap“<br />
In Anbetracht der Geschlechterdiskrepanz im Gründungsgeschehen interessieren natürlich vor allem die<br />
hinderlichen Faktoren. Hier werden neben den institutionellen Umfeldbedingungen (siehe im Folgenden) im<br />
Wesentlichen die im Vergleich zu Männern ungünstigeren Chancen im Zugang und der Nutzung von Ressourcen<br />
sowie in der Wahrnehmung und Ausschöpfung von sich bietenden Gelegenheiten in Betracht gezogen. So lassen<br />
sich Unterschiede in den Neigungen und im Zugang zu <strong>Selbständig</strong>keit zum Beispiel auf Unterschiede in<br />
der Ausstattung mit spezifischem Humankapital, finanziellem und sozialem Kapital zurückführen. 47 Frauen und<br />
Männer unterscheiden sich zwar (zumindest in jüngeren Kohorten) kaum noch in Bezug auf formale Bildung,<br />
wohl aber in punkto Berufs-, Branchen und Führungserfahrung. 48 Diskrepanzen im Erfahrungswissen lassen sich<br />
vor allem mit diskontinuierlichen Erwerbsverläufen sowie mit Benachteiligungen am Arbeitsmarkt begründen.<br />
Ökonomisches Kapital ist allein schon deswegen rar, weil die Arbeitseinkommen von Frauen in der abhängigen<br />
Beschäftigung zu geringeren Ersparnissen führen. 49 Da Frauen aber i.d.R. „kleiner“ gründen scheint auch ihr<br />
Kapitalbedarf geringer. 50 In Deutschland gibt es allerdings kaum empirisch fundierte Studien, die sich mit dem<br />
Zugang von Gründerinnen zu Fremdkapital befassen, weshalb die berichteten Diskriminierungen bei Banken<br />
eher auf Einschätzungen beruhen. 51 Die Bedeutung von sozialem Kapital <strong>für</strong> unternehmerische Aktivitäten ist<br />
unstrittig, allerdings besteht Unsicherheit, inwieweit sich Frauen und Männer in ihrem Zugriff auf selbständigkeitsrelevante<br />
Netzwerke unterscheiden. 52 Dagegen herrscht weitestgehend Einigkeit, dass Töchter geringere<br />
Chancen als Söhne haben, einen elterlichen Betrieb zu übernehmen. 53<br />
Berufliche Segregation, Rollenbilder, Einstellungen und institutionelle Einflussfaktoren<br />
Ressourcen und Gelegenheiten <strong>für</strong> den Schritt in die <strong>Selbständig</strong>keit werden aber indirekt auch durch die Art<br />
und Weise ihrer Wahrnehmung, durch gesellschaftlich geprägte Rollenbilder und hierüber auch durch die geschlechtsspezifische<br />
Arbeitsteilung und die berufliche Segregation beeinflusst. Da der erlernte und ausgeübte<br />
Beruf oftmals entscheidend da<strong>für</strong> ist, welche Gelegenheiten sich <strong>für</strong> die Ausübung einer selbständigen<br />
Tätigkeit bieten, lässt sich auch die unterschiedliche Gründungsstärke teils daraus erklären, dass Frauen in ihrer<br />
Berufswahl noch immer eher auf typische Frauenberufe zurückgreifen, die im Vergleich zu Männerberufen weniger<br />
Gelegenheiten <strong>für</strong> den Schritt in die <strong>Selbständig</strong>keit bieten. 54 Die geschlechtsspezifische Segregation am<br />
Arbeitsmarkt hat sich als eine wesentliche Determinante bei der Erklärung der Unterrepräsentation von Frauen<br />
in der <strong>Selbständig</strong>keit erwiesen, 55 wobei der Effekt mit Blick auf Akademikerinnen und ihre Studienfachwahl<br />
eher verschwindet. 56<br />
42 Brüderl et al. 1996; Arum/ Müller 2004; Brixy et al. 2008.<br />
43 Strohmeyer 2004; Leicht/ Lauxen-Ulbrich 2005.<br />
44 Strohmeyer 2004.<br />
45 Bögenhold/ Staber 1991; Sternberg et al. 2007; Strohmeyer 2007.<br />
46 z.B. Niefert/ Tchouvakhina 2005.<br />
47 Unter vielen in Bezug auf Deutschland: Jungbauer-Gans 1993; Döbler 1998; Tonoyan/ Strohmeyer 2004.<br />
48 Strohmeyer 2004; Lauxen-Ulbirch/ Leicht 2004; Konsortium Bildungsberichterstattung 2006 (v.a. S.29); Allen et al. 2008.<br />
49 BMFSFJ 1991; Cornelißen 2005.<br />
50 Sternberg et al. 2004.<br />
51 Welter 2003. In Bezug auf High-Tech-Gründungen kommen Metzger et al.(2008) zu dem Ergebnis, dass Frauen keine höheren<br />
Barrieren in der Kapitalbeschaffung haben.<br />
52 Jungbauer-Gans 2000; Greene et al. 2003. Eine Übersicht findet sich in Welter/ Trettin 2006.<br />
53 ifm 2000; Arum/ Müller 2004.<br />
54 McManus 2001; Delmar/ Holmquist 2004.<br />
55 Dies gilt <strong>für</strong> Deutschland (Leicht/ Lauxen-Ulbrich 2005) sowie auch <strong>für</strong> Beobachtungen auf internationaler Ebene<br />
(Strohmeyer/ Tonoyan 2005).<br />
56 Strohmeyer 2007.