Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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Lässt man außer Acht, dass die Fallzahlen zum Zeitpunkt 2004/2005 (n=445) 297 eine relativ schmale Basis<br />
zur Berechnung der Ausbildungsbetriebsquoten bieten, wäre davon auszugehen, dass sich die Quoten gegenüber<br />
2008 in einer Spanne von 2%-Punkten (türkisch- und italienischstämmige Arbeitgeber) bis 6%-Punkte<br />
(Russischstämmige) erhöht haben. Dies ist jedoch eine mit Vorsicht zu interpretierende Datenbasis.<br />
Aber es spricht auch einiges andere da<strong>für</strong>, dass das Ausbildungsengagement der <strong>Selbständig</strong>en in Nordrhein-<br />
Westfalen und auch bundesweit in den letzten drei bis vier Jahren etwas zugenommen hat und hier<strong>für</strong><br />
möglicherweise auch Förderinitiativen sowie veränderte rechtliche Rahmenbedingungen mit verantwortlich<br />
sind: Anhand einer differenzierteren Analyse des Ausbildungsverhaltens von Migrantenbetrieben in der<br />
Region Mannheim stellen wir bspw. fest, dass die Hälfte aller Ausbildungsbetriebe ihre Ausbildungstätigkeit<br />
erstmalig in den letzten drei Jahren aufgenommen hat. 298 Dies muss vor dem Hintergrund gesehen werden,<br />
dass in diesem Zeitraum und davor (wie in Nordrhein-Westfalen) erhebliche Anstrengungen zur Akquisition<br />
neuer Ausbildungsbetriebe unternommen wurden. 299 Vermutlich wurde die Partizipation am Dualen<br />
Berufsbildungssystem auch durch die Aussetzung der AEVO sowie durch die Liberalisierung des Zugangs in<br />
die <strong>Selbständig</strong>keit (neue Handwerksordnung) oder durch Förderungen über die Meistergründungsprämie<br />
usw. beeinflusst. 300<br />
Dies alles ändert jedoch zunächst nichts daran, dass neben der Branchenzugehörigkeit insbesondere die be-<br />
rufliche Bildung der Betriebsinhaber die Ausbildungsbeteiligung bestimmt. Mit Blick auf ein noch unausgeschöpftes<br />
Ausbildungsplatzpotenzial in manchen Branchen ist es daher als Manko anzusehen, dass die<br />
Angehörigen aus den ehemaligen Anwerbestaaten ein niedriges Qualifikationsniveau und (zumindest die<br />
Italiener/innen) eine zu starke Orientierung auf das Gastgewerbe haben. Eine Chance zur Erhöhung des<br />
Ausbildungsbeitrags mag aber auch in der Zunahme an Frauenbetrieben liegen: Zumindest ist äußerst bemerkenswert,<br />
dass die Frauen türkischer Herkunft in weit stärkerem Maße als die Männer ihrer Ethnie ausbilden,<br />
auch wenn hier zu einem Teil ein (nicht alles erklärbarer) Brancheneffekt vorliegt.<br />
D.h., bezüglich der genauen Bedingungen der Entwicklung der Ausbildungsbeteiligung der Betriebe von<br />
Migrantinnen und Migranten bestehen noch einige Unsicherheiten. Die vorgestellten Ergebnisse verdienen daher<br />
eine weitergehende Vertiefung und die begrenzte Zahl der zur Verfügung stehenden Fälle und Indikatoren verlangt<br />
eine Erweiterung des Datensatzes, bspw. durch eine Zusatzerhebung zum Thema „Ausbildungsbeitrag“.<br />
17. Ethnische Strategien?<br />
Die Debatte um die Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen „ethnischen Unternehmertums“ war über<br />
lange Zeit durch den Widerstreit zwischen angebots- und nachfrageorientierten Ansätzen bzw. durch die Frage<br />
bestimmt, welchen Einfluss man entweder den Akteuren oder aber den sie umgebenden Strukturen zuschreiben<br />
soll. 301 Und noch bevor Kloosterman und Rath (2001) mit ihrem Modell des „mixed embeddedness“ auf<br />
die Einbettung unternehmerischer Aktivitäten in unterschiedliche soziale Kontexte verwiesen, orientierte<br />
sich das Gros der Literatur am sogenannten „Interaktionsansatz“ von Waldinger, Aldrich und Ward (1990),<br />
die damit akteurs- und strukturbezogene Ansätze zusammenbrachten und deren Untersuchungsrahmen auf<br />
der Interaktion von drei Komponenten beruht: den Chancenstrukturen, Gruppencharakteristika und den sich<br />
hieraus ableitenden ethnischen Strategien. 302 Trotz aller Kritik an diesem „Modell“, 303 halten wir den Ansatz<br />
dennoch geeignet, um an dieser Stelle die Komponenten und die Bedeutung ethnischer Strategien etwas näher<br />
zu beleuchten:<br />
297 Davon 337 Betriebe mit Beschäftigten.<br />
298 Leicht et al. 2009; Leiß/ Leicht 2009.<br />
299 In Mannheim v.a. durch das ikubiz. In NRW durch verschiedene von der Landesregierung und den Kammern unterstützte Initiativen<br />
(siehe oben).<br />
300 Siehe Erläuterungen zu Beginn des Kapitels.<br />
301 Vgl. hierzu auch Kapitel 2.2.<br />
302 „Ethnic strategies emerge from the interaction of opportunities and group characteristics, as ethnic groups adapt to their environments”.(Aldrich/<br />
Waldinger 1990, S. 114).<br />
303 Kloosterman und Rath (2003, S. 6) bezeichnen den Ansatz von Waldinger et al. eher als Klassifikation denn als Erklärungsmodell.<br />
Light und Rosenstein (1995) kritisieren v.a. die mangelnde methodische Umsetzbarkeit des Interaktionsansatzes.<br />
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