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Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...

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56<br />

Zumindest in Bezug auf die qualifikationsspezifischen Hürden lässt sich ähnliches auch über die Gründungswilligen<br />

aus der Türkei sagen. 57 Immerhin sind 32% der türkischen Männer und v.a. 44% der türkischen Frauen<br />

in Nordrhein-Westfalen ohne Schulabschluss und das Gros erzielt maximal einen Hautschulabschluss. 58 Das<br />

geringe Bildungsniveau erweist sich allerdings nicht nur als ein formales bzw. durch Regulierungen erzeugtes<br />

Hindernis <strong>für</strong> eine unternehmerische Laufbahn (vgl. Kapitel 8). Ein weiteres und mit Bildung zusammenhängendes<br />

Problem ergibt sich aus der hier dargestellten geringen Erwerbsbeteiligung (Kapitel 4.2), insbesondere<br />

unter den Türkinnen, da Arbeitserfahrung eine zentrale <strong>Selbständig</strong>keitsressource ist. Zugangsschranken sind<br />

bei Türkinnen und Türken aber zudem vor allem formal-rechtlicher Natur, da sie als Drittstaatsangehörige weit<br />

mehr Behördengänge im Schritt zu einer selbständigen Tätigkeit hinter sich bringen müssen. Für Türkinnen<br />

und Türken, die nicht über den entsprechenden Aufenthaltstitel verfügen, stellt sich die Länge des erforderlichen<br />

Aufenthalts in Deutschland und damit der Zeitfaktor in den Weg.<br />

Eine viel diskutierte Frage ist daher, ob sich Gründungswillige mit türkischem Pass zur Erleichterung der<br />

Formalitäten einbürgern lassen. Wie nachfolgend (Kapitel 7.1) noch aufgezeigt wird, gibt es hier<strong>für</strong> allerdings<br />

eher wenig Indizien.<br />

Migrantinnen und Migranten aus den Gebieten der russischen Förderation erfahren zunächst die gleichen<br />

institutionellen Hürden im Zugang zu einer beruflichen <strong>Selbständig</strong>keit, soweit sie Ausländer und damit<br />

auch Nicht-EU-Bürger sind. Rechnet man allerdings – wie in dieser Untersuchung – die (Spät)Aussiedler<br />

aus den GUS-Staaten hinzu, dann reduziert sich der Anteil an Erwerbspersonen beträchtlich, die den <strong>für</strong><br />

Drittstaatsangehörigen geltenden Reglementierungen unterliegen (vgl. Kapitel 7.1). Für einen großen Teil<br />

der Russinnen und Russen ergeben sich eher Hürden qualifikationsbezogener Art. Sie sind durchschnittlich<br />

zwar besser gebildet als die Angehörigen der ehemaligen Anwerbeländer und verfügen häufiger über einen<br />

Hochschulabschluss, aber ihr Zugang zu den Freien Berufen wird nicht selten durch die fehlende Anerkennung<br />

akademischer Abschlüsse erschwert. 59<br />

Die voraussichtlich geringsten formalen und sozialen Hürden im Zugang zu einer unternehmerischen<br />

Tätigkeit dürften sich <strong>für</strong> die Polinnen und Polen stellen, da sie als EU-Bürger zum einen über das freie<br />

Niederlassungsrecht (zumindest als <strong>Selbständig</strong>e) verfügen und zum anderen vergleichsweise gute berufliche<br />

Qualifikationen vorweisen können. Der kometenartige Anstieg an Gründungsaktivitäten (Kapitel 5.3) ist jedoch<br />

weniger hierauf als vielmehr auf den zuvor geschilderten Umstand zurückzuführen, dass die Restriktionen bzw.<br />

Übergangsregelungen in der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu alternativen Wegen führen.<br />

Die Daten lassen leider keine Überprüfung zu, inwieweit es sich bei der hohen Zahl an Gewerbeanmeldungen zu<br />

einem beachtlichen Teil um Formen von Scheinselbständigkeit, insbesondere im Bauhandwerk (Männer) und<br />

in den Pflegeberufen und sonstigen persönlichen Dienstleistungen (Frauen) handelt. Einige Beobachtungen<br />

zu den Firmengründungen von Polinnen und Polen sowie auch politische <strong>Institut</strong>ionen gehen jedoch hiervon<br />

aus. 60<br />

57 Vgl. u.a. Integrationsbericht NRW 2008, Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, Kristen/ Granato 2007.<br />

58 Integrationsbericht NRW 2008, S. 148. Vgl. auch Sauer (ZfT) 2007.<br />

59 Greiff et al. 1999, Leicht et al. 2005, Dietz 2007.<br />

60 Nowicka 2007, Hönekopp 2008; ZDH 2008. Das Bundesinnenministerium hat vor dem Hintergrund des Verdachts auf den Missbrauch<br />

der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit 2005 eine “Task-Force” gegründet.

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