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Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...

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11.1 Arbeitsvolumen<br />

<strong>Selbständig</strong>e Migrant(inn)en sind zu einem beachtlichen Teil in Branchen mit niedrigen Zugangsbarrieren<br />

und geringen Qualifikationsanforderungen vertreten. Dazu zählen vor allem das Gastgewerbe und der Handel<br />

(vgl. Kap. 7.2); mithin also Sektoren, die gleichzeitig durch ein hohes Maß an Konzentration und Wettbewerb<br />

gekennzeichnet sind. Demzufolge versuchen Migranten ihre oftmals geringere Formalqualifikation und den<br />

Konkurrenzdruck durch einen verstärkten Arbeitseinsatz wettzumachen. 170 Bspw. findet Yavuzcan (2003) im<br />

türkischen Kleingewerbe von Köln einen ständigen Kampf um die Existenz bei hoher Selbstausbeutung. Ähnliche<br />

Beobachtungen liegen auch zur Situation türkischer, italienischer oder griechischer Gastronomen und Händler<br />

in vielen anderen Städten vor. 171 Geringe Ertragsaussichten werden nicht selten durch längere Öffnungszeiten,<br />

Wochenendarbeit und letztlich insgesamt längere Arbeitszeiten kompensiert. Lange Arbeitszeiten von<br />

Migranten werden daher auch als Indiz <strong>für</strong> ihre prekäre ökonomische Lage verwandt. 172 Andererseits ist die<br />

Orientierung auf distributive Dienstleistungen teils ein Phänomen, das vorrangig unter den Angehörigen der<br />

ehemaligen Anwerbeländer zu beobachten ist, während sich die <strong>Selbständig</strong>en anderer Gruppen auch in<br />

Branchensegmenten mit teils geringerem Wettbewerbsdruck, höheren Qualifikationsanforderungen und daher<br />

teils höheren Freiheitsgraden engagieren. 173<br />

Natürlich ist zu bedenken, dass lange Arbeitszeiten nicht immer mit Selbstausbeutung einhergehen, sondern<br />

u.U. ein Zeichen der Leistungsbereitschaft sind – so wie auch geringere Arbeitszeiten evtl. das Resultat dünner<br />

Auftragsbücher sind. Daher bietet das nachfolgend dargestellte Arbeitsvolumen selbständiger Migrantinnen<br />

und Migranten zunächst einmal nur eine Rahmeninformation, die dann in den Kontext weiterer Befunde (z.B.<br />

zum Einkommen) zu stellen ist. An dieser Stelle interessieren vorerst drei Fragen: Arbeiten Migrant(inn)en in<br />

der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit mehr oder weniger als abhängig Beschäftigte? Und inwieweit unterscheidet<br />

sich das Arbeitsvolumen der Migrantinnen und Migranten von dem der deutschen <strong>Selbständig</strong>en?<br />

Vor allem jedoch: Was sagt der Geschlechtervergleich?<br />

<strong>Selbständig</strong>e und abhängig Beschäftigte im Vergleich<br />

Mit unseren Erhebungsdaten kann zwar das Arbeitspensum der befragten <strong>Selbständig</strong>en einzelner Gruppen<br />

(siehe im Folgenden), aber natürlich nicht das der Arbeitnehmer/innen abgebildet werden. Aus diesem Grund<br />

ziehen wir hier wieder zusätzlich die Daten des Mikrozensus (scientific use file) heran. Es dürfte nicht verwundern,<br />

dass sich die Arbeitszeiten von <strong>Selbständig</strong>en und abhängig Beschäftigten in allen Herkunftsgruppen enorm<br />

unterscheiden, da <strong>für</strong> Arbeitnehmer in der Regel tarifvertragliche Regelungen gelten. Die Wochenarbeitszeit<br />

von abhängig Beschäftigten überschreitet daher in vergleichsweise geringem Maße die 40-Stundengrenze.<br />

In einigen Berufen und Branchen und vor allem in vielen Einzelfällen ist dies aber dennoch der Fall. 174 Das<br />

Arbeitsvolumen beider Gruppen weicht erheblich voneinander ab. Um den Unterschied deutlicher als bspw.<br />

über die Mittelwerte zu dokumentieren, sind in Tabelle 11.1.1 die Anteile derjenigen Erwerbstätigen abgebildet,<br />

die mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten.<br />

Wie erwartet liegt der Anteil an <strong>Selbständig</strong>en, die mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten um ein vielfaches<br />

über dem Anteil bei den Arbeitnehmer/innen. Hier soll nur aufgezeigt werden, in welchem Umfang dies<br />

mit Blick auf einzelne Ethnien und auf Frauen und Männer der Fall ist. Hier ist zunächst zu konstatieren, dass<br />

der diesbezügliche Abstand zwischen selbständig und abhängig Beschäftigten bei den Männern weit größer<br />

als bei den Frauen ist. Eine Ausnahme bilden die italienischstämmigen <strong>Selbständig</strong>en.<br />

170 Vgl. z.B. Waldinger et al 1990; Özcan/ Seifert 2000.<br />

171 Pütz 2004; Leicht et al. 2005b; Pütz et al. 2007.<br />

172 Loeffelholz/ Hernold 2001.<br />

173 Leicht et al. 2005a; Leicht/ Leiß 2006 sowie Kapitel 7.2.<br />

174 Hierauf kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.<br />

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