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Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...

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Herkunft bzw. die damit einhergehenden Kompetenzen gezielt <strong>für</strong> das Unternehmen einsetzen, und die weitaus<br />

größere Gruppe derjenigen, bei denen kulturelle Kompetenzen und Herkunft – zumindest nach eigener<br />

Einschätzung – keine Rolle spielen.<br />

Vordergründig scheint bei keiner der Unternehmerinnen der kulturelle Hintergrund eine entscheidende Rolle<br />

<strong>für</strong> die jetzige Tätigkeit zu spielen. Allerdings benutzen einige ihre Kultur / ihren Hintergrund sehr wohl, um<br />

sich im Markt mit ihrem Angebot von der Konkurrenz zu differenzieren, selbst wenn sie dies selbst nicht als<br />

wichtigen Faktor wahrnehmen; hier klaffen die Selbsteinschätzung der Unternehmerinnen und die wissenschaftliche<br />

Interpretation der Interviewergebnisse deutlich auseinander. Beispielsweise nutzt eine griechische<br />

Gründerin ihr Wissen um „echte“ griechische Esskultur, um ein Restaurant zu eröffnen, das sich von üblichen<br />

griechischen Gaststätten in Deutschland hinsichtlich der Speisenauswahl und der Raumausstattung abhebt.<br />

Eine spanische Gründerin, die im Beratungsbereich aktiv ist, nutzt bewusst ihren – in deutschen Ohren – exotisch<br />

klingenden Namen, um stärker in der Erinnerung ihrer Kunden zu bleiben. Die ghanaische Unternehmerin<br />

setzt ihre Multilingualität, die sie durch ihren kulturellen und familiären Hintergrund erworben hat, ein, um<br />

als Dolmetscherin tätig zu sein: „Das ist mein Joker, ich kann fünf [afrikanische] Dialekte, ich kann mich in<br />

Deutsch ausdrücken.“ 50 Damit wird ihr kultureller Hintergrund zum Erfolgsfaktor, da sie etwas – nämlich mehrere<br />

Sprachen – beherrscht, was sonst in Deutschland nur wenige können.<br />

Kunden der gleichen Ethnie spielen bei den meisten betrachteten Fällen keine hervorgehobene Rolle. Für die<br />

Frauen ist die Herkunft ihrer Kunden unerheblich. Dies stimmt mit Ergebnissen großzahliger Untersuchungen<br />

überein, wonach <strong>für</strong> Migrantenunternehmer, im Gegensatz zu angloamerikanischen Märkten, die Kaufkraft der<br />

Landsleute in Deutschland nur eher geringe Bedeutung hat. 51 Bei einer der untersuchten Fallstudien ist dies<br />

jedoch komplett anders: Diese Gründerin (Rechtsanwältin) sieht in der Konzentration auf türkischstämmige<br />

Kundschaft einen Wettbewerbsvorteil und einen Nischenmarkt – türkische Kunden sind also wesentlicher Teil<br />

ihres Geschäftskonzepts. Ähnlich agiert eine andere Türkin, die als Logopädin bislang nur deutsche Patienten<br />

betreut hat, mittlerweile aber in der Ausweitung ihres Angebots auf Türken einen attraktiven Nischenmarkt<br />

sieht. Bei beiden Unternehmerinnen spielt ihre Bilingualität die entscheidende Rolle <strong>für</strong> dieses Geschäftsmodell.<br />

Ihre Fähigkeit, sowohl Deutsch als auch Türkisch zu sprechen und damit einen besseren sprachlichen und<br />

kulturellen Zugang zu türkischstämmigen Kunden zu haben, erschließt ihnen dieses Marktpotenzial. Dass es<br />

viel eher die wissensintensiven Dienstleistungen sind, bei denen eher eine Konzentration auf Kunden der gleichen<br />

Ethnie erfolgt, zeigt sich auch in der Breite der Migrantenunternehmen in Deutschland (vgl. auch Kapitel<br />

9.3). 52<br />

Keines der untersuchten Unternehmen stellt ausschließlich Mitarbeiter der eigenen Ethnie ein. Eine<br />

Unternehmerin betont sogar, dass sie ausdrücklich darauf verzichte: „Ich stelle bewusst gemischte Mitarbeiter<br />

aus verschiedenen Nationen ein, damit sich keine Gruppen bilden.“ 53<br />

6.2.2 Familiäre und soziale einbettung<br />

In Bezug auf die familiäre und soziale Einbettung verdeutlichen die Interviews die Bandbreite an ideellen, emotionalen<br />

und materiellen Unterstützungsleistungen, welche die Frauen im persönlichen Umfeld erhalten können.<br />

Sie bestätigen damit ein aus der Forschung zu ethnischen Unternehmern allgemein bekanntes Ergebnis:<br />

Hilfe wird vor allem über familiäre und soziale Kontakte abgerufen. 54 Beispielsweise spielt in nahezu allen Fällen<br />

familiäre Einbettung eine wichtige Rolle. Eltern und Geschwister unterstützen die Unternehmensgründung und<br />

motivieren die befragten Frauen, ihre Pläne in die Tat umzusetzen.<br />

„Insgesamt haben mich alle Familienmitglieder in meinen Plänen unterstützt und mich somit auch motiviert,<br />

diesen Weg zu gehen.“ 55<br />

„Alle haben mich in meinem Vorhaben unterstützt.“ 56<br />

50 Vgl. Interview 1.<br />

51 Vgl. Leicht et al. (2005), S. 10.<br />

52 sowie Leicht et al. (2005), S. 11.<br />

53 Vgl. Interview 5.<br />

54 Z.B. Aldrich und Waldinger (1990), Flap, Kumcu und Bulder (2000).<br />

55 Vgl. Interview 10.<br />

56 Vgl. Interview 14.

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