Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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Klammert man also diejenigen aus, die vor der Gründung entweder erwerbslos oder bereits selbständig waren,<br />
dann sind die Unterschiede hinsichtlich des „Reifeprozesses“ zwischen den Migrant(inn)en und den<br />
Einheimischen nicht mehr so groß. 127 Sowohl von den türkischstämmigen als auch von den deutschen Frauen<br />
gab rund ein Drittel (32%) an, die erste Idee zur Gründung eines Unternehmens erst maximal 3 Monate vor der<br />
Umsetzung entwickelt zu haben (Abb. 10.2.2). Bei den Italienerinnen ist dies allerdings schon bei der Hälfte der<br />
Fall (47%). Die Frauen aus den beiden osteuropäischen Gruppen gingen hier vergleichsweise behutsamer vor.<br />
Hier beträgt der Anteil an „Spontangründungen“ jeweils nur ein Viertel (25% bzw. 23%). Am anderen Ende der<br />
Skala ist zu erkennen, dass ein jeweils kleinerer Teil eine Planungsphase von mehr als drei Jahren hinter sich<br />
hat.<br />
Abb. 10.2.2 Zeitdauer von der entstehung des Gründungswunsches bis umsetzung (gruppiert)<br />
(ohne zuvor erwerbslose oder bereits <strong>Selbständig</strong>e)<br />
Frauen<br />
Männer<br />
türkisch<br />
italienisch<br />
polnisch<br />
russisch<br />
deutsch<br />
türkisch<br />
italienisch<br />
polnisch<br />
russisch<br />
deutsch<br />
25<br />
23<br />
22<br />
26<br />
24<br />
24<br />
32<br />
32<br />
35<br />
47<br />
25<br />
35<br />
37<br />
34<br />
36<br />
36<br />
in Prozent<br />
22<br />
33<br />
38<br />
Zeit von erstem Gedanken bis Umsetzung der Gründung<br />
unter 3 Monate 3 Mon-1 Jahr bis 3 Jahre über 3 Jahre<br />
Quelle: Primärerhebung „<strong>Selbständig</strong>e Migrantinnen Nordrhein-Westfalen“; ifm Universität Mannheim.<br />
Ein Geschlechtervergleich zeigt, dass zumindest unter den türkisch- und italienischstämmigen sowie auch bei<br />
den deutschen Frauen der Anteil an schnell Entschlossenen jeweils höher als bei den männlichen Pentands ist.<br />
Umgekehrt ist hingegen das Verhältnis bei den <strong>Selbständig</strong>en aus der russischen Förderation: Hier sind es die<br />
Männer, die einen höheren Anteil an Gründern aufweisen, die relativ zügig ihr Vorhaben umsetzten. Unter den<br />
deutschen Männern liegt der Prozentsatz an Kurzentschlossenen eher gleichauf mit dem Durchschnitt.<br />
Welche Relevanz hat die kulturelle Primärsozialisation im Herkunftsland?<br />
Nicht zuletzt bei der Suche nach den Entstehungsbedingungen von ethnischem Unternehmertum wurde eine<br />
kontrovers geführte Debatte zum Einfluss von Traditionen und damit auch über die längerfristige Wirkung soziokultureller<br />
assets entfacht. Denn in den Ursprüngen war die Forschung noch mit der Frage befasst, inwieweit<br />
die unternehmerischen Neigungen bestimmter ethnischer Gruppen auf mit der Zuwanderung „importierten“<br />
kulturellen Prädispositionen beruhen. 128 In einer vereinfachten „orthodoxen“ Auslegung kultureller Theorien<br />
wird der Wunsch zur Gründung eines Unternehmens durch das mit der Primärsozialisation entwickelte soziokulturelle<br />
Kapital von Zuwanderern und letztlich durch die aus dem Herkunftsland „mitgebrachten Werkzeuge“<br />
erklärt. Dem steht die (inzwischen stärker akzeptierte) Auffassung gegenüber, dass sich dieser Wunsch viel<br />
eher in der Auseinandersetzung mit der Situation im Aufnahmeland entwickelt. Die qualitativen Interviews<br />
in Kapitel 6 haben bereits verdeutlicht, dass die Gründerinnen ihrer ethnischen Herkunft und den ggf. damit<br />
verbundenen kulturellen Ressourcen vergleichsweise wenig Bedeutung zumessen. Dieses Ergebnis hält auch<br />
einer quantitativen Analyse Stand:<br />
127 Sie sind allerdings ohnehin nicht mehr so groß, wie wir dies noch in der bundesweiten Untersuchung (Leicht et al. 2005) festgestellt<br />
hatten.<br />
128 Light 1972; Bonacich/ Modell 1980; Wilson/ Portes 1980.<br />
22<br />
21<br />
18<br />
22<br />
20<br />
20<br />
22<br />
22<br />
17<br />
15<br />
16<br />
28<br />
21<br />
20<br />
22<br />
23<br />
17<br />
19<br />
16<br />
18<br />
14<br />
119