Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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172<br />
Anhand einer Untersuchung der Klienten einer Existenzgründungsberatungsstelle in Hamburg kommt González<br />
(2003) zu dem Ergebnis, dass viele der Gründer/innen kaum Interesse an Beratung oder Weiterbildung<br />
haben, weil sie eigene Defizite und Fehler selbst nicht wahrnehmen oder auch zugestehen möchten. Ihre<br />
Lernbereitschaft ist entsprechend gering; nicht zuletzt auch, weil sie glauben, das Wissen anderer Personen<br />
nicht zu benötigen. González bezeichnet solche Gründer als „selbstgewisse Autodidakten“. Allerdings beschränken<br />
sich diese Ergebnisse auf Personen türkischer Herkunft und machen keine Angaben zu geschlechtsspezifischen<br />
Merkmalen oder migrantinnenspezifischen Besonderheiten.<br />
In einem ersten Schritt wird deshalb der Frage nachgegangen, welche Einstellungen Migrantinnen und<br />
Migranten gegenüber externen Beratungsangeboten haben und welche Unterschiede hierbei zwischen verschiedenen<br />
Herkunftsgruppen vorzufinden sind. 223<br />
Abb. 14.2.1: Zustimmung zu „Kenntnisse <strong>für</strong> eine Gründung kann man sich selbst aneignen“<br />
(Anteile in % )<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
türkisch<br />
38<br />
italienisch<br />
35<br />
polnisch<br />
37<br />
russisch<br />
25<br />
deutsch<br />
41<br />
türkisch<br />
36<br />
italienisch<br />
37<br />
polnisch<br />
Frauen Männer<br />
47<br />
russisch<br />
Quelle: Primärerhebung „<strong>Selbständig</strong>e Migrantinnen Nordrhein-Westfalen“; ifm Universität Mannheim<br />
Rund zwei Fünftel der Migrantinnen sehen keine Notwendigkeit die erforderlichen Kenntnisse zur Gründung eines<br />
Unternehmens durch das Wissen anderer Personen zu komplementieren (Abb. 14.2.1). Bei Migrant(inn)en<br />
aus der russischen Förderation liegt dieser Anteil mit einem Viertel etwas niedriger. Allerdings unterscheiden sich<br />
hierbei Migrantinnen nicht wesentlich von Frauen deutscher Herkunft (t=1,648; p=0,101). Herkunftsspezifisch<br />
zeigt sich dieses Muster (mit etwas höherem Anteil bei den Polen) auch unter den Männern.<br />
Ein überraschendes Ergebnis ist möglicherweise, dass nicht nur ein beachtlicher Teil der Migrantinnen und<br />
Migranten, sondern auch der Gründer/innen deutscher Herkunft keinen großen Wert auf das Wissen von Anderen<br />
legt. Denn auf Grundlage bisheriger Untersuchungen (allerdings nur unter Migranten) war anzunehmen, dass<br />
es eher die durchschnittlich geringer gebildeten <strong>Selbständig</strong>engruppen sind, die sich einer „Unterrichtung“<br />
entziehen. Ansonsten wird davon ausgegangen, dass die Einsicht in die Notwendigkeit der Aneignung von<br />
Wissen zunächst ein hohes Maß an Bildung voraussetzt. 224 Andererseits jedoch ist die Nähe oder Distanz zum<br />
Rückgriff auf externes Wissen natürlich nicht nur eine Frage der Allgemeinbildung, sondern auch des fachspezifischen<br />
Humankapitals der Gründerinnen. Zu vermuten ist, dass sich auch unter Hochqualifizierten, insbesondere<br />
in einigen Freien Berufen, die Meinung hält, der Prozess des <strong>Selbständig</strong>machens erfordere zunächst<br />
nur Fachwissen und weniger betriebswirtschaftliches oder rechtliches Wissen.<br />
223 Grundlage der nachfolgenden Auswertung bildet der Fragetext: Bleiben wir bei der Phase als Sie sich selbständig gemacht haben:<br />
Kann man sich eigentlich die notwendigen Kenntnisse <strong>für</strong> eine Gründung selbst aneig-nen oder braucht man dazu das Wissen von<br />
anderen Personen?<br />
224 Mohr 1997.<br />
26<br />
deutsch<br />
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