Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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Unter Umständen tragen <strong>Selbständig</strong>e auch zum gegenseitigen Verständnis und zur Transkulturalität bei:<br />
Insbesondere Händler und Gastronomen können sich als Vermittler zwischen Migranten und Einheimischen<br />
und letztlich zwischen verschiedenen kulturellen Welten verstehen. 90 In die Liste der integrationsfördernden<br />
Faktoren können natürlich auch die Leistungen <strong>für</strong> Wachstum und Arbeitsmarkt, so etwa der<br />
Beschäftigungsbeitrag von Migrantenbetrieben, aufgenommen werden. Diesem Aspekt wird in der öffentlichen<br />
Debatte große Aufmerksamkeit gewidmet.<br />
2.3 unternehmerisches engagement von migrantinnen<br />
Es mag seltsam klingen, aber fast alle im internationalen Raum identifizierbaren Publikationen, die sich mit den<br />
unternehmerischen Aktivitäten von Migrantinnen befassen, haben eines gemeinsam: Die Beiträge eröffnen<br />
unisono mit der Anmerkung, dass es bislang kaum Forschungsarbeiten zum Thema gibt. In einem Überblick <strong>für</strong><br />
das Handbook of research on ethnic entrepreneurship bilanziert Brettell (2007: 84) „only a handful of scholars<br />
have addressed the topic of immigrant women entrepreneurs.” In diese Ouvertüre wollen wir hier nicht zusätzlich<br />
einstimmen, sondern darauf hinweisen, dass sich derzeit international und auch in Deutschland zumindest<br />
ein stärkeres Interesse an den Gründungspotenzialen und -hemmnissen von Migrantinnen 91 entwickelt<br />
– wenngleich dies auch heißt, dass die Erkenntnisse und die darauf beruhenden Diskussionen erst ganz am<br />
Anfang stehen. Die Vernachlässigung von Gender-Aspekten in der Ethnic Entrepreneurship-Forschung führt<br />
Hillmann (1998) darauf zurück, dass sich die Migrantenökonomie anfangs fast ausschließlich aus Männern<br />
zusammensetzte und stark von unbezahlter Familienmithilfe profitierte und Frauen damals eher den „verdeckten“<br />
Teil der Aktivitäten bildeten.<br />
Insgesamt wird evident, auf welch schmaler Datenbasis die bisherige Debatte beruht. Ein Teil der Arbeiten<br />
bedient sich ausgewählter Fallstudien und biographischen Methoden, 92 die einerseits zu einem besseren<br />
Verständnis des Problems beitragen, dabei andererseits aber offen lassen müssen, welche Relevanz die<br />
Beobachtungen in Bezug auf die Grundgesamtheit besitzen. Aber selbst größere Stichproben haben <strong>für</strong> sich<br />
genommen oftmals den Nachteil, dass anhand von Querschnittsbetrachtungen kaum einzuschätzen ist, wie<br />
viele selbständige Migranten überhaupt am Markt sind und ob ihre Aktivitäten im Zeitverlauf zu- oder abnehmen<br />
oder auch wie bedeutend sie im Vergleich zu denen der Männer sind. Quantitative Einschätzungen sind<br />
in der (weltweit) durch qualitative Studien dominierten Literatur kaum zu finden. Eine Ausnahme bildet eine<br />
Studie auf Basis von US-Zensus-Daten. Pearce (2005) zufolge zählen die Betriebe von Immigrantinnen in den<br />
USA zu den am schnellsten wachsenden Gruppen und ihre <strong>Selbständig</strong>enquote liegt ein gutes Stück über derjenigen<br />
der „nativ born“. Diese Entwicklung geht allerdings auch mit verstärkten Anstrengungen von öffentlichen<br />
Einrichtungen bzw. mit der Implementierung von Programmen zur Gründungsförderung speziell von<br />
Immigrantinnen einher. 93<br />
Bedeutung von selbständigen Migrantinnen in Deutschland<br />
In Deutschland wurden – bis auf die genannten Ausnahmen – zwar kaum in gezielter Weise Untersuchungen<br />
über selbständige Migrantinnen durchgeführt, in manchen Fällen jedoch zumindest ein Exkurs auf Basis von<br />
Sekundärdatenanalysen vorgenommen. Eine vom ifm Mannheim <strong>für</strong> das Bundeswirtschaftsministerium sowie<br />
auch eine <strong>für</strong> das Bundesamt <strong>für</strong> Migration durchgeführte Mikrozensusanalyse weist auf ähnliche Entwicklungen<br />
hin, wie sie in den USA festzustellen waren: Die Zahl selbständiger Migrantinnen in Deutschland nahm – insgesamt<br />
betrachtet – seit den 90er Jahren in überproportionalem Maße zu. 94 Dieses Wachstum erfolgte allerdings<br />
auf niedrigem Niveau. Die Gründungsneigung von Migrantinnen ist (im Gesamtaggregat betrachtet) kaum höher<br />
als bei deutschen Frauen. 95 Auch unter Kontrolle von Bildung und Alter lässt sich in der Tendenz bei denen<br />
aus EU-Ländern eine ähnlich geringe <strong>Selbständig</strong>keitsneigung ausmachen wie bei autochthonen Frauen. 96<br />
Wie sehen die Befunde im Geschlechtervergleich aus? Im Rahmen einer ländervergleichenden Untersuchung<br />
in Dänemark und Deutschland kommen Constant und Schultz-Nielsen (2004) zu dem Ergebnis, dass sich<br />
90 ZfT 1989, von Loeffelholz et al. 1994.<br />
91 Siehe die in Kapitel 1 erwähnten Projekte.<br />
92 Kontos 1997; Struder 2001; Apitzsch 2003; Brettell 2007; Honnef 2007; Apitzsch/ Kontos 2003 und 2008.<br />
93 Constant 2004; Pearce 2005. Vgl. auch Informationen der Small Business Administration, USA.<br />
94 Leicht et al. 2004; Leicht/ Leiß 2006..<br />
95 Leicht/ Leiß 2006; S. 40.<br />
96 ebenda.<br />
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