Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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Da die türkischstämmigen Frauen in der deskriptiven Analyse am schlechtesten abgeschnitten haben (siehe<br />
weiter oben), wurde diese Gruppe als Referenzkategorie gewählt. Daran gemessen und noch ohne Kontrolle<br />
weiterer Variablen erweisen sich die Frauen und Männer aus Polen sowie die italienischen Männer als die (subjektiv<br />
betrachtet) erfolgreichsten Gruppen. Dieses Ergebnis ändert sich nur wenig, wenn der Einfluss der im<br />
Folgenden beschriebenen Variablen kontrolliert wird.<br />
Im zweiten Modell sind folgende Einflüsse auf die subjektiv eingeschätzte wirtschaftliche Lage der Betriebe<br />
hervorzukehren:<br />
Gründungszeitpunkt: Die wirtschaftliche Lage neugegründeter Unternehmen (ab dem Jahr 2000) unterscheidet<br />
sich positiv von den schon länger am Markt bestehenden Unternehmen. D.h., die Inhaber/innen dieser<br />
Unternehmen schätzen ihre Lage besser ein.<br />
Gründungsmotiv: Unternehmen, die aus Notgründungen hervorgegangen sind, also von Personen, die sich<br />
mangels Alternativen selbständig gemacht hatten, schneiden signifikant schlechter ab als solche Unternehmen,<br />
die aus anderen Motiven (Pull-Faktoren) heraus gegründet wurden. Dies unterstützt die These, dass es diesen<br />
Unternehmen teils an den notwendigen Ressourcen fehlt, um tragfähige Ergebnisse zu erzielen.<br />
Marktstrategien: Welche (ethnischen) Strategien erweisen sich in diesen Schätzmodellen als besonders<br />
erfolgversprechend?<br />
Unternehmen, die eine serviceorientierte Marktstrategie verfolgen, wähnen sich unserer Erhebung zufolge in<br />
einer besseren wirtschaftlichen Lage als solche Unternehmen, die hierauf weniger Wert legen. Demgegenüber<br />
erzielen Versuche, über die Qualität oder Breite des Angebots sowie über Mehrarbeit und über den Preis das<br />
Betriebsergebnis positiv zu gestalten offenbar keinen signifikanten Einfluss. Insbesondere das letztgenannte<br />
Ergebnis ist nochmals zu unterstreichen, da in der Kombination von Mehrarbeit und niedrigen Preisen teils eine<br />
Form „ethnischer Strategie“ gesehen wird, um am Markt zu bestehen. Betrachtet man diese Kombination von<br />
Strategien als Form der „potenziellen Selbstausbeutung“ (vgl. Kapitel 17.1) dann erweist sich diese gemessen<br />
an der subjektiv empfundenen wirtschaftlichen Lage nicht als erfolgsversprechend.<br />
Generell scheinen sog. „ethnische“ Strategien nicht in der teils vermuteten Weise aufzugehen: Denn subjektiv<br />
betrachtet, stellen sich viel eher diejenigen Unternehmen von Migrant(inn)en wirtschaftlich besser, die sich<br />
in ihrer strategischen Ausrichtung nicht von einheimischen Unternehmen unterscheiden (möchten). Diese<br />
Haltung erweist sich im Modell als signifikant positiv.<br />
Die dargestellten Ergebnisse verdienen eine weitere Vertiefung, die hier nicht geleistet werden kann.<br />
Insbesondere die Tatsache, dass die abhängige Variable subjektive Einschätzungen misst, mahnt zur Vorsicht<br />
bei der Interpretation der Ergebnisse. Denn, wie wir an der Beschäftigtenentwicklung (als objektive Größe)<br />
gesehen haben, lassen sich die von russischstämmigen Frauen und Männern geführten Betriebe durchaus als<br />
erfolgreich einstufen. Dies ist gemessen an ihrer Selbsteinschätzung aber offenbar nicht der Fall.<br />
329 Zur Definition und Bedeutung von Push- und Pullfaktoren im Gründungsprozess siehe Kapitel 10.2.<br />
330 Vgl. Waldinger et al. 1990 sowie Aldrich und Waldinger 1990.