Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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ExpertInnenbefragung: Zur Generierung von Arbeitshypothesen, aber auch zur besseren Interpretation der<br />
quantitativ ausgerichteten Analysen, sowie zur Ableitung von praxisnahen Handlungsempfehlungen wurden<br />
von ProKMU der Universität Siegen Gespräche mit 14 ausgewählten Gründerinnen sowie mit sieben<br />
Beratungsinstitutionen geführt.<br />
Primärerhebung: Zentrale Basis der Untersuchung bildet eine Befragung von Gründerinnen und selbständigen<br />
Frauen mit Migrationshintergrund (sowie zusätzlich einer Kontrollgruppe von Männern und „einheimischen“<br />
Frauen) durch eine CATI-Erhebung (Computer Added Telefoninterviews). Hier wurden insgesamt 1.118<br />
Interviews in einer Verteilung auf die o.g. vier Herkunftsgruppen (je zur Hälfte Frauen und Männer) sowie einer<br />
Referenzgruppe von Deutschen (ohne Migrationshintergrund) durchgeführt. Ergänzt wurde die Stichprobe<br />
teilweise durch den Nordrhein-Westfalen-bezogenen Teil einer bundesweiten Befragung (Pool-Datensatz).<br />
2. Gründungen und unternehmerische Aktivitäten von Frauen und<br />
Migranten insgesamt: Zum Stand der Forschung<br />
Der Untersuchungsgegenstand liegt im Schnittpunkt zweier Forschungsbereiche, die beide lange Zeit ein<br />
Schattendasein führten. Frauen sind als Unternehmerinnen in der Forschungsliteratur über Jahrzehnte unsichtbar<br />
geblieben, 24 wenngleich die Zahl der Untersuchungen neuerdings etwas angestiegen ist. Ähnliches gilt<br />
auch <strong>für</strong> das Interesse an den unternehmerischen Aktivitäten von Migranten, die zunächst nur in den angloamerikanischen,<br />
d.h., „klassischen“ Einwanderungsländern Aufmerksamkeit erregten. 25 Auch dies scheint sich<br />
zu ändern, da die Zuwanderung in den europäischen Ländern schon längst nicht mehr in die großen Fabriken,<br />
sondern in ein breites Feld an erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten führt. Doch die in der Forschung lang geübte<br />
Zurückhaltung in diesen Feldern mag erklären, weshalb dann konsequenterweise auch das unternehmerische<br />
Engagement von Frauen mit Migrationshintergrund nur wenig Beachtung fand. Allerdings mangelt es nicht an<br />
Versuchen, Parallelen zwischen Migranten- und Frauenselbständigkeit zu ziehen, da sich beide Gruppen häufig<br />
ähnlichen Hürden und Vorbehalten gegenüber sehen. 26<br />
Um die Antwort hierauf vorwegzunehmen: Es gibt voraussichtlich Gemeinsamkeiten aber auch bedeutende<br />
Unterschiede in der Relevanz bestimmter förderlicher oder hemmender Faktoren. Aber ohnehin sind viele der<br />
Determinanten der Struktur und Entwicklung von <strong>Selbständig</strong>keit natürlich sowohl <strong>für</strong> beide Geschlechter<br />
als auch <strong>für</strong> Personen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte von Bedeutung. D.h., hinsichtlich der eher allgemeinen<br />
Frage, wie und warum sich Menschen beruflich selbständig machen gilt generell, dass zum einen<br />
„Personen“ eine individuelle Entscheidung treffen müssen und zum anderen „strukturelle Bedingungen“<br />
bzw. das Mikro- oder Makroumfeld die Entscheidungsfindung beeinflussen. Personen- und angebotsorientierte<br />
Erklärungsversuche verweisen eher auf das soziale und kulturelle Kapital bestimmter Menschen und<br />
Bevölkerungsgruppen und deren Werte, Interessen und vor allem Fertigkeiten, von denen angenommen wird,<br />
dass sie unternehmerische Aktivitäten befördern. Demgegenüber konzentrieren sich nachfrageorientierte<br />
Ansätze eher auf die Gelegenheitsstrukturen, insbesondere auf institutionelle, branchenspezifische und technisch-organisatorische<br />
Bedingungen und Veränderungen. 27<br />
Das heißt, bereits hierüber werden sich die Gruppenspezifika in den Determinanten von <strong>Selbständig</strong>keit bemerkbar<br />
machen. Denn die Gründungsaktivitäten von Frauen und Männern und genauso die von Migranten<br />
und Personen deutscher Herkunft werden von teils unterschiedlichen Motiven, Ressourcen, Gelegenheiten und<br />
Restriktionen beeinflusst. 28 Wobei mit Blick auf Frauen als wichtigste Faktorenbündel zur Erklärung des ungleichen<br />
unternehmerischen Engagements die Unterschiede in der Ausstattung mit spezifischem Humankapital,<br />
die berufliche Segregation sowie die mit „Familienverantwortung“ verbundenen Faktoren hervorgehoben<br />
werden. 29 Dagegen werden bei der Bestimmung von Migrantenselbständigkeit insgesamt – weit mehr noch<br />
als in der Genderperspektive – die Besonderheiten der Wirkung von sozialem Kapital und von institutionellen<br />
Rahmenbedingungen ins Spiel gebracht.<br />
24 Delmar/ Holmquist 2004; Bruin et al. 2006.<br />
25 Zur späten wissenschaftlichen „Entdeckung“ von Migrantenselbständigkeit in Europa vgl. auch Kloosterman/ Rath 2003.<br />
26 Daher dürfte es nicht verwundern, dass selbst manche Förderinstitution auf internationaler Ebene die Begriffe „women & minority<br />
entrepreneurs“ zusammenpackt.<br />
27 Ziegler/ Hinz 1992; Welter 2000; Leicht/ Luber 2002.<br />
28 Müller/ Arum 2003; Minniti et al. 2005.<br />
29 McManus 2001; Lohmann 2004; Leicht / Welter 2004; Strohmeyer / Tonoyan 2005; Tonoyan et al. 2007a.