Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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Um den Zugang zum Thema differenzierter zu gestalten und die Frage nach den förderlichen und hinderlichen<br />
Faktoren der Entwicklung von selbständigen Migrantinnen von mehreren Seiten zu beleuchten, befassen wir<br />
uns im Folgenden zunächst skizzenartig mit dem Einflussfaktor „Geschlecht“ (Kapitel 2.1) und anschließend<br />
mit der Wirkung „ethnischer Herkunft“ (Kapitel 2.2) in einer eher generellen Sicht. Erst abschließend widmen<br />
wir uns explizit bisherigen Befunden zu den Triebkräften und Hemmnissen, aber auch den sozialen Wirkungen<br />
der Gründungsaktivitäten von Migrantinnen und zur Bedeutung ihrer Unternehmen (Kapitel 2.3).<br />
2.1 umfang und ursachen der unterrepräsentation selbständiger Frauen<br />
Die „Geschichte“ von Frauenselbständigkeit ist je nach Perspektive immer eine schlechte und eine gute<br />
Nachricht wert. Mit Blick auf den Anteil an allen <strong>Selbständig</strong>en als auch auf die <strong>Selbständig</strong>enquote 30 ist<br />
zu konstatieren, dass Frauen seit jeher weit unterrepräsentiert sind. Grob betrachtet gründen und führen<br />
Frauen hierzulande (wie auch in vielen anderen Ländern) nur in etwa halb so häufig ein Unternehmen wie die<br />
Männer. 31 Und dies ist nicht nur auf Defizite in der Gründungsplanung und -umsetzung, sondern bereits auf<br />
Geschlechterunterschiede in den Neigungen, Absichten und wahrgenommenen Möglichkeiten (Potenzialen)<br />
zurückzuführen. 32 Die erfreuliche Nachricht ist, dass die Zahl selbständiger Frauen seit geraumer Zeit stärker<br />
als die von Männern wächst. Während sich in Deutschland die Zahl weiblicher <strong>Selbständig</strong>er seit Anfang der<br />
90er Jahre (allerdings von vergleichsweise niedrigem Niveau) um rund zwei Drittel erhöhte, wuchs die der<br />
Männer nur um ein Viertel. 33 Es ist nun kaum zu entscheiden, welche der beiden Botschaften die wichtigere<br />
ist. Generell werden in der Debatte um den Stand und die Entwicklung der unternehmerischen Aktivitäten von<br />
Frauen allerdings weniger die förderlichen sondern eher die hinderlichen Faktoren diskutiert.<br />
Charakteristika und Performance-Unterschiede<br />
Bei allem ist zu berücksichtigen, dass bei der Suche nach den Determinanten nicht nur die Frage des Zugangs in<br />
die <strong>Selbständig</strong>keit, sondern auch die nach dem Erfolg erörtert wird. Frauen und Männer unterscheiden sich nicht<br />
nur in der Gründungsneigung sondern – wenn sie denn gründen – auch in der Überlebenswahrscheinlichkeit sowie<br />
in den Charakteristika und der Performance ihrer Unternehmen. Die bislang durchgeführten Studien kommen<br />
mehrheitlich zu dem Ergebnis, dass die von Frauen geführten Betriebe zumindest im Aggregat geringere<br />
Überlebenschancen als Männerbetriebe aufweisen, 34 wobei <strong>für</strong> die Situation in Deutschland eher wenig Befunde<br />
vorliegen. 35 Allerdings verringern sich die Erfolgsunterschiede, wenn Personen mit ähnlichem Bildungsstand<br />
und Erfahrungswissen oder auch in vergleichbaren Branchen betrachtet werden. 36 Weitestgehend unbestritten<br />
ist ferner der Umstand, dass Frauen in der Regel vergleichsweise jüngere, kleinere und zumeist auch umsatzschwächere<br />
Betriebe führen. 37 Das heißt, ihre Wachstumsabsichten scheinen weniger stark ausgeprägt als bei<br />
Männern, 38 weshalb sie sich auch überproportional häufig in Form eines Ein-Personen-Unternehmens sowie im<br />
Zu- und Nebenerwerb betätigen. Im Vergleich zu ihren männlichen Pendants sind sie zudem eher im Bereich<br />
persönlicher Dienstleistungen und seltener in technologieintensiven Bereichen aktiv. 40<br />
Triebkräfte und förderliche Faktoren <strong>für</strong> Frauenselbständigkeit<br />
Was aber hat in jüngerer Zeit zum Anwachsen der Zahl selbständiger Frauen in Deutschland (bzw. auch in<br />
Nordrhein-Westfalen) geführt? Der geschilderte „take off“ ist zu einem gewissen Teil auch auf die höhere<br />
Erwerbsneigung von Frauen zurückzuführen, wodurch sich ein Zustrom auf den Arbeitsmarkt insgesamt<br />
und dabei gleichzeitig in unterschiedliche berufliche Stellungen ergibt. Entscheidend ist aber nicht nur die<br />
Erwerbs- sondern auch die Bildungsbeteiligung: Der Gründungsboom unter Frauen in Deutschland war größtenteils<br />
ein Boom an Akademikerinnen. 41 Strohmeyer (2007) zufolge verringert sich bei ausschließlichem<br />
30 Anteil an allen erwerbstätigen Frauen.<br />
31 Arum/ Müller 2004; Lohmann/ Luber 2004; Leicht/ Lauxen-Ulbrich 2005.<br />
32 Lehnert 2003; Welter 2004; Minniti et al. 2005; Tonoyan et al. 2007a; Brixy et al. 2008.<br />
33 Im früheren Bundesgebiet liegen die Zuwachsraten bei beiden Geschlechtern etwas geringer. Dies ist auch in NRW der Fall.<br />
Vgl. Leicht, R. (2007) Startmesse Essen sowie Kapitel 4.<br />
34 Boden/ Nucci 2000; Arum/ Müller 2004; Allen et al. 2007.<br />
35 Jungbauer-Gans 1993; Kay 2003; Fehrenbach 2004; Lohmann/ Luber 2004;Tonoyan/ Strohmeyer 2006.<br />
36 Jungbauer-Gans 1993; Kalleberg/ Leicht 1991; Watson 2003.<br />
37 Du Rietz/ Henrekson 2000; Backes-Gellner et al. 2003; Fehrenbach 2004.<br />
38 Strohmeyer/ Tonoyan 2004; Welter 2004.<br />
39 Piorkowsky 2005; Leicht/ Philipp 2007.<br />
40 Carter 2000; Lauxen-Ulbrich/ Leicht 2004; Tonoyan et al. 2007a; Metzger et al. 2008.<br />
41 Strohmeyer 2004.<br />
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