Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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Hervorzukehren ist an vorderster Stelle, dass die selbständigen Frauen türkischer Herkunft zum Teil besser<br />
gebildet sind als ihre männlichen Pendants, zumindest wenn man sich auf die Qualifikationen im nicht-akademischen<br />
Bereich konzentriert: Sie weisen mit „nur“ 27% einen geringeren Anteil an Ungelernten auf als<br />
die türkischen Männer (Abb. 8.1.2). Fast zwei Drittel der türkischstämmigen Unternehmerinnen besitzen eine<br />
mittlere berufliche Qualifikation, darunter vor allem einen Lehrabschluss. Dies ist beim männlichen Teil nur bei<br />
einem Drittel der Fall. Dieses Defizit der selbständigen türkischen Männer wird durch ihren höheren Anteil an<br />
Hochschulabsolventen (19% gegenüber 12%) nur teilweise kompensiert.<br />
Zwischen den selbständigen Frauen und Männern italienischer Abstammung zeigen sich demgegenüber kaum<br />
Differenzen im Bildungsniveau. Auch mit Blick auf die <strong>Selbständig</strong>en polnischer oder russischer Herkunft halten<br />
sich die Geschlechterdifferenzen in Grenzen, wobei aber unter den Frauen der Anteil an Ungelernten nur<br />
etwa halb so hoch wie bei den Männern ist. Allerdings bewegt sich dieser auf geringem Niveau, denn unabhängig<br />
vom Geschlecht sind – wie bereits festgestellt – die Osteuropäer/innen deutlich besser qualifiziert als die<br />
<strong>Selbständig</strong>en aus den ehemaligen Anwerbeländern.<br />
Dies kommt bei den <strong>Selbständig</strong>en aus Polen und Russland vor allem durch den hohen Anteil an<br />
Hochschulabsolventen zur Geltung: Zwischen der Hälfte und zwei Drittel der von uns befragten Unternehmer/<br />
innen dieser Herkunftsländer haben den eigenen Angaben zufolge ein „Studium“ absolviert. Dies ist sogar ein<br />
weitaus höherer Anteil wie bei den Deutschen, was nachfolgend näher zu untersuchen bzw. zu erläutern ist.<br />
Zusammensetzung und berufliche Orientierung der hochqualifizierten <strong>Selbständig</strong>en<br />
Der überaus hohe Anteil an selbständigen Pol(inn)en und Russ(inn)en mit einem Studienabschluss ist unter<br />
zweierlei Gesichtspunkten zu sehen und teils auch zu relativieren: Zum einen mangelt es – wie auch bei<br />
Migrant(inn)en insgesamt – häufig an Möglichkeiten, den Schritt in die <strong>Selbständig</strong>keit über den Weg einer<br />
mittleren Qualifikation zu bewältigen, da hier institutionelle Regulierungen und bürokratische Hürden bremsend<br />
wirken (vgl. Kapitel 12). Aber die Novellierung der Handwerksordnung dürfte hier zumindest in den letzten<br />
Jahren eine Erleichterung erbracht haben. Viel entscheidender ist jedoch zum anderen, dass viele der<br />
Berufe und Kompetenzen, die in Deutschland über eine betriebliche Aus- und Weiterbildung oder über eine<br />
Berufsfachschule zu erzielen sind, in anderen Ländern über eine Hochschulausbildung vermittelt werden. 36<br />
Von daher erschien es sinnvoll, die <strong>Selbständig</strong>en mit einem Hochschulstudium nach solchen mit einem in<br />
Deutschland und einem im Herkunftsland erworbenen Abschluss zu unterscheiden und darüber hinaus zu<br />
untersuchen, zu welchen Tätigkeiten die erzielte berufliche Qualifikation führt.<br />
Es zeigt sich, dass die Mehrzahl der <strong>Selbständig</strong>en türkischer oder italienischer Herkunft ihren Studienabschluss<br />
in Deutschland erworben haben und die Anteile (auch insgesamt betrachtet) weit unter denen von <strong>Selbständig</strong>en<br />
ohne Migrationshintergrund liegen (Abb. 8.1.3). Demgegenüber beruht der hohe Proporz an polnisch- und russischstämmigen<br />
<strong>Selbständig</strong>en mit Hochschulabschluss nur zu einem geringen Anteil auf einem in Deutschland<br />
absolvierten Studium, was kaum verwundert, da die <strong>Selbständig</strong>en dieser Herkunftsgruppen weit häufiger zur<br />
ersten Zuwanderergeneration zählen. Auffällig ist jedoch, dass (anders als bei den <strong>Selbständig</strong>en türkischer<br />
oder italienischer Herkunft) unter den polnisch- und russischstämmigen Frauen der Anteil an <strong>Selbständig</strong>en<br />
mit einem „deutschen Studienabschluss“ jeweils etwas höher liegt als bei den männlichen Pendants.<br />
36 Vgl. auch OECD 2008 und die Erwiderungen des BIBB (Müller 2009).<br />
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